Читать книгу Die Unbeirrbare. Wie Gertrud Heinzelmann den Papst und die Schweiz das Fürchten lehrte онлайн

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Um nach dem Zürichhorn zu gelangen, mussten wir etwa 3–4 Spalten überqueren. Bei der 1. gab ich nicht besonders Acht, fiel und riss mir stark die Hand auf. Die letzte Spalte war die gefährlichste. Fortwährend gluckste das Wasser hervor und es begann in ihrer Nähe ordentlich zu krosen und krachen. Auf dem Rückweg benutzten wir aber ein Brett, um wieder heimwärts zu gelangen.»

Gertrud Heinzelmann an Paul Zimmermann

Mutter Bertha (2. v. li.), Gertrud (2. v. re.) und Elisabeth auf dem zugefrorenen Zürichsee 1929.

In Wallisellen kennen die Heinzelmanns die anderen katholischen Familien, und Tochter Gertrud weiß genau, welche sie für liberal und welche sie für konservativ zu halten hat. Wohl verkehrt man mit der einen oder anderen, selbstverständlich mit den fortschrittlichen und «besser Frisierten», doch auch in der protestantischen Umklammerung sucht die Familie keine katholische Nähe. Im Dorf gäbe es beispielsweise den «Katholischen Frauen- und Mütterverein» zur Unterstützung in Erziehungs- und Familienfragen oder die «Töchterkongregation» zur Anleitung der Heranwachsenden zu einem christlich-sittlichen Lebenswandel. Gertrud macht eine Zeit lang bei «Iduna» mit, dem konfessionell und politisch neutralen Mädchenverband innerhalb der Antialkoholbewegung, und Bertha weiß auch ohne kirchliche Anleitung, wie sie ihre pubertierenden Töchter zu erziehen hat. Sie, das ehemalige Bürofräulein, besucht 1928 mit ihren Töchtern in Bern die SAFFA, die erste «Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit», zu deren Eröffnung mit einer riesigen Schnecke gegen das vorenthaltene Frauenstimmrecht protestiert wurde. Vehement wehrt sie sich jedoch dagegen, dass Gertrud und Elisabeth, die gerne modische Bubikopf-Frisuren hätten, ihre langen Zöpfe abschneiden und zügelt ihre Sinnlichkeit. Als Onkel Frank aus London schreibt, sein Sohn habe tanzen gelernt und den ersten Ball erlebt, begehrt Gertrud auf, sie müsse hundertjährig werden, bis ihr dies auch erlaubt würde. Berthas Kommentar: «S’stimmt schon!! ha ha ha ha. Mer händ au nid alles gha & sind gliech gross worde! Ich lasse sie lieber Ski fahren als tanzen, da chund nu früeli gnue!»20 Den Töchtern gibt sie unmissverständlich zu verstehen, dass nur Dienstmädchen uneheliche Kinder haben, im Heinzelmannschen Haushalt solches jedoch nicht vorkomme, demnach gebe es einzig Enthaltsamkeit. Als Gertruds reformierte Mitschülerinnen im letzten Schuljahr den Konfirmationsunterricht besuchen, lädt der Pfarrer für den Aufklärungsunterricht Rosa Gutknecht ein. Sie ist die erste Pfarrerin von Zürich, arbeiten darf sie am Großmünster jedoch lediglich als Pfarrhelferin. Im weißen Stehkragen sei sie dagestanden, erinnert sich Gertruds Schulkollegin Hedy Bierter-Würgler, und habe ihnen das Übliche mit etwa diesen Worten geraten: «Wenn Sie unbedingt einen Freund haben müssen, stehen Sie mit ihm nachts immer unter eine Strassenlampe, damit die Passanten sehen können, was passiert.»

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