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Alles wird so schnell zur Gewohnheit, überlegt der Mann, der die Fünfzig knapp überschritten hat, und doch rechnen wir immer mit einer Veränderung. Sein kräftiger Körper ist noch agil. Er hat große, breite Hände voller Nar­­ben, dichtes, graues Haar und einen ungepflegten Vollbart. Die Augen hinter den dicken Brillengläsern sind leicht zu­­sam­mengekniffen. Er ist Feldarbeiter bei einem Bauern der Kleinstadt, in der er wohnt, und müsste eigentlich froh darüber sein, trotz der Krise eine Anstellung zu haben. Doch die Arbeit bereitet ihm keine Freude, nicht mehr, seit er nicht mehr auf Reisen gehen kann, wann er will. Alles ist anders, seit ein Freund, der früher in der Nähe von S. einen Biobauernhof besaß und immer bereit war, ihn eine Weile anzustellen, vor ein paar Jahren kurzum nach Südamerika auswanderte, um dort eine Aloe-Plantage aufzubauen. Das Leben des Mannes, das davor aus Ankünften und Abreisen bestanden hatte, aus Interkontinental- und Überseereisen, aus allen erdenklichen Liaisons, war da zum Stillstand gekommen. Was tun? Der Mann muss für eine Familie sorgen, hat zwei fast ­erwachsene Söhne, die aber noch nicht auf eigenen Beinen stehen, fühlt Verantwortung auf sich lasten. Immer wieder Diskussionen und Hochrechnungen mit seiner Frau, doch nein, ihr Gehalt allein reicht nicht aus. Und seither hat der Mann das Gefühl, in der Falle zu sitzen.

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