Читать книгу "Alljährlich im Frühjahr schwärmen unsere jungen Mädchen nach England". Die vergessenen Schweizer Emigrantinnen. 11 Porträts онлайн

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An der Stellung der Frauen in Gesellschaft, Politik und ­Familie änderte sich in der Schweiz vorerst wenig. In England wurde 1928 das allgemeine Frauenwahlrecht eingeführt, in der Schweiz hatten Frauen noch bis 1971 kein Stimm- und Wahlrecht. Jede Schweizerin, die einen Ausländer heiratete – un­abhängig davon, ob sie das in der Schweiz oder im Ausland tat – verlor bis 1952 ihr Schweizer Bürgerrecht. Mehrere der por­trätierten Frauen haben genau das erlebt. Bea Laskowski-Jäggli, die 1947 in London den Polen Wladislaw Laskowski heiratete, verlor die Schweizer Staatsbürgerschaft, bekam aber keine polnische. Wenn sie ihre Familie in Basel besuchen wollte, musste sie mit einem Ausweis für Staatenlose einreisen.

Viele Frauen, die sich in den Vierziger- und Fünfzigerjahren nach England aufmachten, kamen aus ländlichen Gebieten, oft aus einfachen Verhältnissen. Viele sagen, dass sie gerne länger in die Schule gegangen wären – aber keine Möglichkeit ­gehabt hätten. Ihre Biografien zwischen Schulabschluss und Aufbruch nach England gleichen sich. Sie machten ein Haus­haltungslehr­jahr, gingen ein oder zwei Jahre ins Welschland – oder ein Jahr in die Deutschschweiz wie die Tessinerin Annetta Diviani-­Morosi – und arbeiteten dann im Gastgewerbe, in einer Fabrik oder zu Hause auf dem Hof. Einige machten eine Lehre. Aber ihre Möglichkeiten waren begrenzt – auch geo­grafisch. Wenn sie wegwollten, war England oft die naheliegendste Option, Alternativen gab es kaum. Die usa kamen für viele wegen der hohen Reisekosten nicht infrage. Auch die Reise nach England war teuer. Aber Stellenvermittlungsagenturen wie Thomas Cook übernahmen häufig die Reisekosten. Myrtha Parsons-Bie­dermann sagt: «Ich wollte einfach weg. Es hätte nicht unbedingt England sein müssen.»

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