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Der älteste Bruder meines Vaters, der, gleich mir, Hans hieß, war ein leidenschaftlicher Liebhaber vom Frakturschreiben und füllte mit dieser Schrift eine unglaubliche Menge von teilweise dicken Heften aus; Nachtmahlbüchlein und kleine Katechismen schrieb er zu vielen Hunderten, alle aufs sauberste, jede Seite mit einer großen farbigen Initiale verziert. Das hatte er ohne eigentlichen Schulbesuch erlernt, und da seine tägliche Beschäftigung in landwirtschaftlichen Arbeiten bestand und er bloß achtundzwanzig Jahre alt wurde, so scheint es geradezu unbegreiflich, wie es ihm möglich war, so viel Papier mit Frakturschrift zu bedecken.

Hans schrieb denn auch die Nachtmahlbüchlein für die schönen Hexlein, und er konnte dem Zauber eines derselben nicht widerstehen und verliebte sich in es, es hieß Margritli. Die Eltern Hansens waren aber besonders hart gegen diese Liebschaft und verboten dem Liebhaber bei Seel und Seligkeit das Betreten der Hexenwohnung, sowie überhaupt allen Verkehr mit der Hexenfamilie. Mein Vater war damals sechs oder sieben Jahre alt und wurde von Hans als geheimer Liebeskurier verwendet, wofür ihm Margritli manch schneeweißes Stücklein Brot bescherte mit einem so süßen Stoffe darauf, daß der Empfänger lebenslang glaubte, selbes sei keine natürliche, sondern eine zauberhafte Süßigkeit gewesen. Aber Hans kriegte den Lohn für seinen Ungehorsam, er bekam die Schwindsucht und starb daran, die Feder in der Hand, mitten in einem Nachtmahlbüchlein und mitten im Worte zu schreiben aufhörend. In Hansens Sterbestunde war mein Vater bei Margritli, er hatte ihr das letzte Brieflein gebracht, sie wußte, daß es das letzte war, und durfte doch nicht zu Hans, durfte nicht selber ihm die lieben, treuen Augen zudrücken. Ihr verzweifeltes Gebaren machte auf meinen Vater einen unauslöschlichen Eindruck. Sie preßte ihn auf ihren Schoß, drückte sein Köpflein an ihren Busen, wickelte die langen braunen Zöpfe ihres Hauptes um die Hand und raufte, als wollte sie diesen Schmuck für immer herunter reißen. Als der Junge darauf seiner Mutter erzählte, wie Margritli getan, da sagte sie: «Die hat wohl Ursache dazu! Der Hans ist ihr jetzt entkommen und einen andern wird sie wohl nicht wieder bekommen.» Der Grund, warum die Hexen nach Männern höchst begierig waren, war nach ihr der, daß sie nur dann dereinst selig sterben konnten, wenn sie im Ehestand Mutter geworden waren und wenn möglich ihren letzten Atemzug in des Mannes Mund aushauchen konnten.

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