Читать книгу Die illegale Pfarrerin. Das Leben von Greti Caprez-Roffler 1906 - 1994 онлайн

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Trotz ihres Vertrauens in Gian fürchtete Greti, er und Ernst könnten sich abgesprochen und ihr eine Falle gestellt haben: Die beiden Männer wüssten ganz genau, wie weit der andere mit ihr gegangen sei, und stellten Gretis Tugendhaftigkeit bewusst auf die Probe. Die Angst, keine ehrbare Frau zu sein, sass tief und überschattete die Erkundung des eigenen Begehrens. Wenn sie küssen, verachte ich mich nachher immer mehr oder minder, weil ich das ­Gefühl habe, irgendwie «gebraucht» worden zu sein.77 Und doch – da war dieses Verlangen, und da waren auch die Gefühle, die sie für beide Männer hatte. Emotionen, die sie verwirrten, weil sie sie nicht ein­ordnen konnte. Man kann78 doch nicht beide mit seinem ganzen Sein lieben. (…) Es geht, solange ich vor keine Entscheidung gestellt werde. Was aber dann?,79 fragte sie ihr stummes Tagebuch. Dann beschwich­tigte sie die kritische Stimme in sich. Wenn sie beide an mir etwas lieb haben, wenn ich beiden etwas sein könnte, warum sollte ich dann nicht mit beiden gehen? Von mir aus wäre es ja keine Lüge.80 Und als der Sommer begann und die doppelte Liason mittlerweile fünf Mona­te andauerte, hatte sie mit ihren Gefühlen Frieden geschlossen. Ich bin ganz wahnsinnig zufrieden und glücklich, freue mich zu leben, studieren zu dürfen und die Liebe zweier Menschen in meinen Händen tragen zu dürfen. Sie glauben beide an mich, haben mich beide lieb. Was brauche ich danach zu fragen, dass es zwei sind! Ich habe sie ja auch beide lieb.81

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