Читать книгу Die illegale Pfarrerin. Das Leben von Greti Caprez-Roffler 1906 - 1994 онлайн

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Christian Caprez, geb. 1942, Sohn von Greti und Gian Caprez101

Ich war als Kind oft in den Ferien bei meinen Grosseltern Johann und Christina Caprez-Lendi in Pontresina, die ich Non und Nona nannte. Der Zvieri hiess bei Nona Afternoon Tea, mit Biskuits, englischem Kuchen und Birnenbrot. Die Butter servierte Nona in einem schönen Geschirr mit einem Buttermesser. Manchmal kam ihre Cousine aus Celerina zu Besuch, und wenn Nona ihr das Butter­geschirr über den Tisch schob, machte die Cousine mit der Hand eine wegwerfende Bewegung, schob das Buttermesser zur Seite und nahm ihr eigenes Messer, um sich ein Stück Butter abzu­schneiden. Nona sagte nichts, schob ihr aber Geschirr und Buttermesser noch einmal hinüber. So ging es hin und her, aber es wurde nie ein Wort gewechselt.


Zürich,

9. September 1929

Zwei Bilder. Greti trägt auf beiden ein sackartiges Kostüm, der Rock reicht bis weit über die Knie. Erst die Bildlegende102 ­erzählt von einem nahezu revolutionären Akt. 9. Sept. 1929 in ­Zürich vor dem Haarschnitt steht links, nach dem Haarschnitt rechts. Eben noch, auf dem Mühlesteg beim Hauptbahnhof, trägt sie die schwarzen Strähnen kunstvoll in einem Zopf hochgesteckt. Geistesgegenwärtig macht ihr Begleiter, vermutlich Gian, einen Schnappschuss von ihr. Nach vollbrachter Tat posiert Greti mit der neuen Frisur am Bahnsteig. Die Haarspitzen kräuseln sich gleich bei den Ohren. Die Haare sind gefallen: das äussere Symbol der inneren Selbständigkeit,103 hat Verena der ­Freundin vor einem halben Jahr geschrieben. Auch Gians Schwester ­Elisabeth, die Pferdekutschen und sogar Autos lenken kann, trägt ihr Haar kurz.104

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