Читать книгу Die illegale Pfarrerin. Das Leben von Greti Caprez-Roffler 1906 - 1994 онлайн

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Zwischen den Prüfungen traf Greti ihre Freundinnen Verena Stadler und Henriette Schoch,196 die ebenfalls Theologie studiert, das Examen aber schon hinter sich hatten. Alle beschäftigte dieselbe Frage: Wo würden sie nach dem Studium einen Platz finden? Die Wirtschaftskrise traf das Pfarramt zwar nicht, denn an vielen Orten der Schweiz wurden Pfarrer fieberhaft gesucht.197 Aber eben keine Pfarrerinnen: Noch kein Kanton hatte das Amt für Frauen geöffnet. Im Aargau, in Basel-Stadt und Graubünden wurden intensive Debatten um die Zulassung von Frauen zum Pfarramt ­geführt. Zwölf Jahre zuvor hatten die ersten Theologinnen, Rosa Gutknecht und Elise Pfister, ihr Studium an der Universität Zürich abgeschlossen.198 Greti und ihre Freundinnen verfolgten den Weg der älteren Kolleginnen bang und hoffnungsvoll. Die warmher­zige Rosa Gutknecht empfanden sie als Mutter, während ihnen Elise Pfister streng und kühl erschien.199 Vorbilder waren sie ihnen beide. Die Zürcher Landeskirche hatte sie sogar ordiniert, und beide hatten eine Anstellung als Pfarrhelferinnen in grossen Stadtzürcher Gemeinden gefunden, Rosa Gutknecht am Grossmünster und Elise Pfister am Neumünster.200 In dieser Funktion erhielten sie jedoch nur halb so viel201 Lohn wie die männlichen Kollegen, und sie hatten sich mit denjenigen Aufgaben zufriedenzugeben, die die Gemeinden ihnen zuwiesen. Während Elise Pfister am Neumünster Glück hatte und alle Amtshandlungen ausführen konnte, durfte Rosa Gutknecht jeweils nur dann predigen, wenn der Pfarrer ausfiel.202 Immerhin spürten beide viel Unterstützung in ihren Gemeinden; Männer wie Frauen sprachen sie als Fräulein Pfarrer an und nicht etwa als Fräulein Pfarrhelferin.203

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