Читать книгу Die illegale Pfarrerin. Das Leben von Greti Caprez-Roffler 1906 - 1994 онлайн
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GRETLI THEOL.212
Verliebt gar tief
Hut meist schief
Ob schwarz ob blau
Sie trägt zur Schau
zwei schöne Zöpfchen
geflochten ums Köpfchen
die Ohren verdeckend.
Und Liebe erweckend
die Nase und Augen.
Sie könnte wohl taugen
Was nicht jede kann,
als Frau einem Mann.
Doch bleibt sie halt ledig,
s’ist wegen der Predigt;
doch eh’ ichs vergesse
es bietet Int’resse,
dass nebenbei sie
studiert Theologie,
das ist ganz unverdreht
unsere liebe Gret.
Allmählich hatten die Studenten Greti in ihren Kreis aufgenommen.213 Sie baten sie sogar, für den Studentenrat zu kandidieren, und sie tat es mit Erfolg. Auch für die Professoren waren die Studentinnen etwas Besonderes, sie standen unter Beweisdruck. Manche Dozenten beäugten sie argwöhnisch, andere liessen ihnen besondere Aufmerksamkeit zuteil kommen. Kaum einer stand den Frauen an der Universität gleichgültig gegenüber.214
Der liberale Theologe Ludwig Köhler gehörte zu den Förderern. Er hatte sich schon 1914 in der Synode, dem Parlament der Zürcher Landeskirche, für die Zulassung von Frauen zum Pfarramt eingesetzt.215 Greti kannte ihn seit ihrem zweiten Semester, als sie zur Theologie wechselte und er ihr Hebräisch-Privatstunden erteilte. Ich habe ein Höllenrespekt vor ihm, denn er ist sehr streng, obwohl er manchmal den Arm um meine Schulter legt, mir die Haare aus der Stirne streicht oder mich am Ohr zieht.216 Auch als sie später ein Semester in Marburg studierte, führte sie das Gespräch mit ihm fort. Fasziniert berichtete Greti ihm von einer Auseinandersetzung unter deutschen Theologinnen: Die Gemässigten trugen den Rock bis zu den Schuhen und das Haar lang und wollten sich mit einem Hilfspfarramt zufrieden geben, die Radikalen zeigten Bein und Bubikopf und forderten das volle Pfarramt. Diese mutigen Frauen wollten kämpfen und nicht warten, ob ihnen die von anderen gebratenen Tauben ins Maul fliegen möchten.217