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Weshalb hat das Schicksal den Erasmus nicht ein paar Jahre später durchs Domleschg geführt? Er hätte ein gänzlich anderes Bild von der Jagd gewonnen, denn 1526 wird sie in diesem Landstrich wieder ein Volksrecht. In seinem Buch «Adagia», das seinen Ruhm begründete, hatte Erasmus geschrieben: «In früheren Zeiten waren selbst unter der Herrschaft von Tyrannen (die damals freilich noch nicht so raffiniert waren und noch nicht ganz begriffen hatten, welche Möglichkeiten in einer absoluten Herrschaft liegen) zumindest Meere, Flüsse, Straßen und Jagden Allgemeinbesitz.»

Für die Bündner Männer jedenfalls beginnt jetzt wieder die Zeit der Freiheit. Die Veränderungen sind radikal. Schluss mit den verhassten Revieren. Schluss mit den Fisimatenten. Fertig Halali. Erasmus hätte eine andere Geschichte verfasst, wenn er die neuen Jäger gesehen hätte. Und fast fünfhundert Jahre später ist es an der Zeit, sie niederzuschreiben:

Dies ist die Geschichte meiner Zwillingsonkel, Gion Battesta und Gion Evangelist Silvester, Settembrini genannt, wenn sie nicht beide beisammen waren. Gemsjäger, Bewunderer des Himmels, Literaten. Literaten, ohne selber Literatur zu machen. Literaten in dem Sinne, dass sie Homer und Herodot, Plinius und Plutarch und all die anderen glänzenden Autoren unserer Kultur lasen und mit ihnen lebten. Sie waren Bergler, nicht zuletzt darum, weil sie schonungslos jenen fürchterlichen, per Kilo gehandelten «Monta Blau» rauchten, und einen noch fataleren Montagner tranken. Montagner trinken und Montaigne lesen, das war die Devise dieser beiden Meister im Pissen gegen den Wind. Auf der Jagd arbeitet man immer gegen den Wind. Gemsen und Bücher waren ihr Leben. Manch einer mag ebenso viele Gemsen ebenso viele Stunden zu Tal gebuckelt haben wie Settembrini. Aber keiner hat so viele dicke Wälzer über Grund und Grat geschleppt wie Settembrini. Die Literatur war sein Seelenelixier.

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