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Maikäfer, flieg

Nachdem der Verleger der Buchreihe «Aberwitz» (goldfar­bener Einband, Fr. 19.50) sich mit seiner Haarbürste den Rücken gekratzt hat, trinkt er im Garten vor seinem Haus eine Tasse Kaffee. Die Trauerweide, von seinem Sohn gepflanzt, hockt wie ein zottiges Ungeheuer beim Gartentor. Der Verleger hat eins der neuen Bücher, einen Gedichtband von Salomon Spatz, vor sich auf dem Tisch liegen. Der Verleger verfasst in seiner Freizeit auch Gedichte, die allerdings ein wenig dilettantisch sind. Er träumt davon, sie herauszugeben und berühmt zu werden, ein Dichter zu sein wie Salomon, Lindas Entdeckung. Linda heißt des Verlegers kleine Frau, die wie auf Rädchen durchs Haus rollte und die mit Salomon Spatz durchgebrannt ist. Der Verleger kritzelt in sein Notizbuch, das er immer bei sich trägt: «Wenn alle Münder der Erde sich öffnen / Wenn alle Augen der Erde sich öffnen / Wenn die Erde sich mitteilt / Schreit sie / Gebiert sie Blüten und blutet.» Die Zeilen sind ihm eben zugefallen; auf die Wendung «Blüten und blutet» ist er besonders stolz. Er lässt seinen Blick vom Feuerbusch zum Quittenbaum und von da zum Fliederstrauch schweifen; soll er noch Zeilen mit den Worten «Qual, so harte Quitten» oder «fliegende Blüten des Flieders» hinzufügen? Nein, so gut ist das nun auch wieder nicht. Der Verleger trinkt den kalt gewordenen Kaffee und tritt, das Buch unter den Arm geklemmt, ins Haus.

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