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Ich stieg nach einigen Stationen aus und stand vor einem schwarzen Haus. An einer Tür las ich: «Besser nicht eintre­ten»; die Formulierung irritierte mich, da sie Gefahr andeutete. Erst als ich mich der Schrift nochmals zuwandte, entzifferte ich: «Bitte nicht eintreten». Ich trat trotzdem ein, gab aber den Mantel an der Garderobe nicht ab, sondern ging sofort in einen dunkeln Zuschauerraum und setzte mich auf einen leeren Sitz vorne an der Wand. Der Bühnenvorhang war offen, die Bühne war leer, ohne Kulissen, aber das Stück hatte schon vor einer Stunde begonnen.

Die wenigen Zuschauer zeigten sich unruhig; manche pfiffen oder fielen durch Rufe auf, andere verließen laut murrend den Saal. Anscheinend hatte noch niemand Tomaten oder Eier geworfen. Zwei Kritiker waren fest entschlossen, bis zum Ende auszuharren; sie saßen hinter mir und sprachen mit­einander. Ich, als Verfasserin des Stücks, fühlte mich krank. Eine Schauspielerin, die ich nicht kannte, trat auf; sie weinte während längerer Zeit und öffnete dann ihren Koffer. Das Publikum glaubte, nun sei der Zeitpunkt gekommen, den Atem anzuhalten. Der Koffer war leer. Mein Hass wuchs; er war wie ein Trompetenton; ich musste aufpassen, dass er mich nicht gegen die Wand schmetterte. Ich erhob mich, zog meinen Revolver aus der Handtasche, zielte und wollte abdrücken, doch die beiden Kritiker rissen mich zurück, drehten meine Arme auf den Rücken, entwanden mir den Revolver und sagten, dass auch sie das Stück nicht begriffen hätten, dass das aber doch kein Grund sei, die Schauspielerin umzubringen.

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