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Je länger das Auto fuhr, desto deutlicher wurde alles, auch der Schmerz; hatte man ihr ein Stück vom Kopf weggerissen? Es war, als ob man mit einer kantigen Schaufel in ihrem Hirn graben würde; jemand hatte ihr das Ohr ausgerissen und wollte ein neues pflanzen … Sie fühlte Übelkeit in sich aufsteigen und fürchtete, sie müsse über den hellen Regenmantel des Mannes erbrechen. Leise begann sie zu weinen; nun war sie ein Kind, klein, schwach und schutzbedürftig trotz ihrer Hässlichkeit.

Knupps Gefühle der Allmacht

Knupp geht durch einen halbdunkeln Gang im Keller der Klinik, an dessen Decke silberne Röhren angebracht sind, und betritt einen niedern Raum. Er wartet im Schneidersitz auf dem Boden und lässt den Blick seiner schönen, sozusagen in Leid eingelegten Augen über die farbigen Zeichnungen an den Wänden schweifen; er sieht Springbrunnen, spritzendes Blut, Quellen und Wasserfälle. Es sind dies Schöpfungen seiner Lieblingspatientin Ludmilla, die nun hereintritt und auf einer mit einem weißen Tuch bedeckten Matratze in der Mitte des Raumes niederkniet. Das junge Mädchen leidet seit zwei Jahren unter Schluckbeschwerden. Es hat Knupp sein Leben erzählt. Er hat zur Kenntnis genommen, dass Ludmilla Novizin war und dann für eine Werbeagentur arbeitete. Momentan ist sie Friedhofsgärtnerin, doch der Friedhof ist um diese Jahreszeit kalt; Knupp hat ihr geraten, sich einen Pelzmantel für die Arbeit anzuschaffen, doch Ludmilla hat lächelnd den Kopf geschüttelt.

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