Читать книгу Die Schneckeninsel. Kriminalroman онлайн
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Tanner stöhnte.
Also: Was willst du?
Michel räusperte sich ausgiebig. Er tat das immer, wenn er nicht so richtig wusste, wie er mit der Sprache rausrücken sollte.
Sags doch einfach.
Es gibt da eine etwas knifflige Sache …, aber das können wir unmöglich am Telefon besprechen.
Gut. Wann und wo?
Ich hole dich ab. Wir machen einen kleinen Ausflug. In einer Stunde.
Tanner war einverstanden. Er hatte eh nichts Besseres vor. Den Rasen hatte er erst gestern gemäht und auch alle sonst anfallenden Arbeiten im Park des Maison Blanche erledigt. Demnächst, wenn alle Blätter fallen, würde es wieder sehr viel Arbeit geben.
Nach exakt einer Stunde stand er vor dem Eingangstor des Maison Blanche und wartete auf Michel. Für einen normalen Montagmorgen war erstaunlich wenig Verkehr. Normalerweise donnerte um diese Uhrzeit ein Lastwagen nach dem anderen durch die enge Dorfstraße. Nach zehn Minuten seufzte er und setzte sich auf die kleine Mauer gegenüber der Einfahrt.
Er betrachtete einmal mehr mit Freude die Fassade und das riesige Dach des Maison Blanche. Was für eine Persönlichkeit! Er konnte sich einfach nicht sattsehen an der Symmetrie und Ausgewogenheit der Fassade. Warum war das so schön? Es war doch bloß eine Wand mit unzähligen großen und kleineren Fenstern. Früher war die Straßen- und die Eingangsseite über und über mit Glyzinien bewachsen und hatte dem Haus etwas verwunschen Märchenhaftes verliehen. Seit der Renovation durch den neuen Besitzer war das Verwunschene endgültig verschwunden, dafür kam die geniale Mischung von ländlicher Behäbigkeit und adliger Grazie zu strahlender Geltung. Er kniff die Augen zusammen und versuchte sich vorzustellen, wie die Kutsche mit Napoleons Geliebter Josephine mit knirschenden Rädern auf den kiesbestreuten Vorplatz einbog, mit aufgeregt tänzelnden Pferden, die den Hafer im Stall rochen. Sie wird wohl sehr müde gewesen sein nach der anstrengenden Fahrt von Paris. Wahrscheinlich hatte sie sich sofort ins Bett begeben. Tanner betrachtete die spiegelnden Fenster des Zimmers, in dem die hochherrschaftliche Dame eine Nacht geschlafen hatte. Hundert oder mehr Jahre später war das Haus zu einem Mädchenpensionat umfunktioniert worden.