Читать книгу Ein Bruder lebenslänglich. Vom Leben mit einem behinderten Geschwister онлайн

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Die schlimme Krankheit

Wie alles begann

Im Herbst hustete unser Bruder so stark, dass er fast keine Luft mehr bekam und ganz blau wurde. «Keuchhusten», sagte diesmal der herbeigerufene Arzt. Meine beiden älteren Schwestern waren bereits als Kleinkinder mit dem Keuchhusten angesteckt worden, ich wurde bis jetzt davon verschont. Zum Ausheilen des Keuchhustens – vielleicht auch, um mich vor einer Ansteckung zu schützen – verreiste Mama mit unserem Bruder in die gesunde Bergluft. Es gab einen Ort in der Innerschweiz, mit dem unsere Familie mehrfach verbunden war. Vorfahren mütterlicherseits stammten aus diesem Tal. In diesem Tal hatte unsere Mutter als Zwanzigjährige Ferienlager für eine Mädchenjugendgruppe geleitet und kam so wieder in Verbindung mit ihren Wurzeln.

Ganz hinten im wilden Tal war die ganzjährig bewohnte Alp Grattigen. Unsere Familie übersommerte hier oft. Wir Kinder fühlten uns wie Heidi, tranken die frische Ziegenmilch, welche der Senn Stini direkt ab Euter in unsere Tassen füllte, und schauten ihm beim Käsemachen zu. Hinter der Alphütte floss ein kleiner Bach vorbei, der sich vorzüglich zum Kühlen der frischen Milch eignete, aber auch zum Spielen. Gelegentlich fielen wir samt den Kleidern ins kalte Wasser oder zogen mindestens einen nassen Schuh heraus. Auf der Vorderen Egg lebte ein Ehepaar, von allen nur Sophie und Gusti ­genannt. Auch sie gehörten zur weitverzweigten Verwandtschaft ­mütterlicherseits. Die beiden hatten keine eigenen Kinder. Unzählige, oft schwächliche oder gesundheitlich angeschlagene Kinder und Erwachsene haben in ihrem Haus Aufnahme gefunden und sind wieder kräftig und gesund in ihre Familien zurückgekehrt. Bei ihnen sollte nun auch unser Bruder gesunden.

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