Читать книгу Ein Bruder lebenslänglich. Vom Leben mit einem behinderten Geschwister онлайн

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Am Sonntag durften wir Mama im Spital besuchen. Sie hielt das Brüderchen in den Armen. Es war nun in ein Wolljäckchen gehüllt und in ein hellblaues Flanelltuch eingewickelt. Es sah sehr zart aus mit seinen rötlichblonden Haaren, den himmelblauen Augen und der hellen Haut, so anders als wir drei Schwestern. Ausser der Grossmutter väterlicherseits hatte niemand von uns solche Augen, und als wir den Bruder später fragten, woher er denn die schönen blauen Augen hatte, antwortete er: «Vom lieben Gott.» Wenn er lachte, hatte er zwei kleine herzige Grübchen in den Wangen, genau wie sein Patenonkel, ein jüngerer Bruder des Vaters. Wir Schwestern ­waren ganz anders, dunkelhaarig und braunäugig. Meine Haut wurde ­zudem sehr schnell dunkel, wenn ich nur ein wenig an der Sonne war. Und da ich noch einen Sprachfehler hatte und nur schwer verständlich sprach, wurde ich oft «Tschinggeli» gerufen.

Nach drei Mädchen wurde endlich der Sohn geboren. «Als glück­liche Eltern melden wir neuen Familienzuwachs», stand in der Geburtsanzeige. Ausser dem Namen liess nichts darauf schliessen, dass es nun endlich ein Junge war. Unsere Eltern wollten von der Geburt ihres Sohnes nicht so viel Aufhebens machen. Sie versicherten uns, dass es ihnen nicht drauf ankomme, ob Bub oder Mädchen: Hauptsache das Kind sei gesund.

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