Читать книгу Ein Bruder lebenslänglich. Vom Leben mit einem behinderten Geschwister онлайн

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Bei meiner Geburt gratulierten die Leute meinen Eltern zum «Dreimädelhaus», wohl um etwas davon abzulenken, dass es wieder nur ein Mädchen war. Bereits meine Geburtsanzeige wies darauf hin, dass es nach zwei Mädchen eigentlich nun Zeit für einen Buben war. Der Vater entwarf die Anzeigen jeweils selbst nach Vorlagen, die er den beliebten Zeichenbüchlein von Hans Witzig entnahm. Auf meiner Anzeige waren zwei grössere Mädchen zu sehen, welche das jüngste Geschwister hinter sich herzogen. Es war nicht zu über­sehen, dass das jüngste Geschwister eigentlich kurze Hosen trug. Der Vater hatte diese kurzfristig in einen Rock retouchiert. Auch die Mutter war offenbar überzeugt, dass es nun ein Bub werden würde. Sie wollte mit dem Kauf der Taufkerze nicht bis zu meiner Geburt im Mai zuwarten, da sie sie unbedingt zu Maria-Lichtmess in der Kirche segnen lassen wollte. Meine Taufkerze hatte rote Verzie­rungen. So sahen damals die Kerzen für die Buben aus. Wie habe ich mich geschämt, als ich am Weissen Sonntag bei der Taufgelübde-Erneuerung – wie es von den Erstkommunionkindern verlangt wurde – eine rote Kerze hatte, eine Bubenkerze. Meine Gspänli hatten silbrige oder goldene Kerzen oder dann eine blaue Mädchenkerze.

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