Читать книгу Unter Schweizer Schutz. Die Rettungsaktion von Carl Lutz während des Zweiten Weltkriegs in Budapest - Zeitzeugen berichten онлайн

116 страница из 121


Endre Grósz, Budapest, Ungarn 1944

Die Nachfrage nach Schweizer Papieren stieg so stark an, dass unsere Werkstatt zu klein wurde. So richteten wir gegenüber der schweizerischen Gesandtschaft am Szabadság tér (Freiheitsplatz) unsere eigene «Gesandtschaft» ein. Vom frühen Morgen bis spät in die Nacht versammelten sich hier viele Menschen – darunter auch viele Christen –, um Schutzbriefe für sich selbst oder ihre jüdischen Bekannten zu bekommen. Niemandem wurde die Hilfe verweigert. Laut Schätzungen war jeder zweite Budapester Jude in Besitz einer Art Schutzdokument.

Diese Dokumente brachten wahre Wunder zustande: Ganze Einheiten wurden aus Zwangsarbeitslagern an der deutsch-ungarischen Grenze zurückgeholt. Es kam sogar vor, dass Menschen von den Todesmärschen nach Hegyeshalom oder kurz vor der Exekution am Ufer der Donau gerettet werden konnten, wenn sie die Schutzpapiere rechtzeitig erhalten hatten.

Mitte Dezember standen die «russischen Dampfwalzen» vor den Toren Budapests. Die Bevölkerung wurde aufgefordert – freiwillig –, nach Westen zu fliehen. Man durfte sich nur für besondere Erledigungen, auf «direkten Befehl»52 oder mit speziellem Behindertenausweis auf den Strassen aufhalten. Bei Dunkelheit auf der Strasse zu sein, war gefährlich; Menschen wurden ohne Grund erschossen. Wir arbeiteten fieberhaft, pausenlos; wir wussten, es war das Ende. In jedem Augenblick konnte ein Stück Papier ein Menschenleben bedeuten, eine erfolgreiche Mission, eine Sabotage oder einen Beitrag zum Befreiungskampf.

Правообладателям