Читать книгу Im Fallen lernt die Feder fliegen. Roman онлайн

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In Gundeldingen treffe ich immer wieder auf die verschiedensten Menschen, darunter auch auf solche, die meinen Alltag bereichern und mich fröhlich ma­­chen. Das war selten im alten Quartier, wo wir etwa drei Jahre gelebt hatten. «Dort waren wir beide fremd», meinte Daniel einmal. Zu den Nachbarn fanden wir keinen Kontakt. Außer sich im Treppenhaus zu grüßen und zwei Worten über den Schlüssel zur Waschküche gab es nichts mitzuteilen. Das einzige Mal, dass jemand mit mir plauderte, war vor dem Haus. Eine ältere Dame wohnte mit ihrem Hund allein in der Wohnung unter uns und trug immer faszinierende Hüte. Die Hüte waren nicht das einzige Bemerkenswerte an ihr. Sie hatte makellos gepflegte Hände, die sanft über das Treppengeländer glitten. Die immer wechselnden, aber geschmackvollen Farben auf ihren Fingernägeln wurden betont von ihrem alten Schmuck. Prunkvolle Ringe und Armreifen umschmeichelten ihre runzeligen Hände, die jetzt die Hundeleine fest im Griff hielten.

«Ich bin nicht gegen Flüchtlinge, aber einige beste­hen darauf, Europa in einen Mülleimer zu verwandeln. Wir haben den Krieg erlebt und konnten Europa mit großem Aufwand wiederaufbauen. Wir wollen hier nicht alles ruinieren, weil anderswo Krieg herrscht. Ich weiß nicht, was all diese Leute hier machen. Lieben sie ihre Heimat? Warum bauen sie sie nicht wieder auf, statt sie zu verlassen? Für mich sind die Flüchtlinge Gäste hier, und irgendwann muss der Gast doch nach Hause gehen», teilte sie mir ohne Einleitung mit.

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