Читать книгу Die schiere Wahrheit. Glauser und Simenon schreiben einen Kriminalroman онлайн

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Die Kleider verraten Simenon sofort, dass der Mann weder im Geld schwimmt noch sich um sein Aussehen schert. Es gibt etwas, was man dir nie verzeiht: ärmlich auszusehen! Diesen Rat fürs Leben hat Simenon als Zwanzigjähriger vom verarmten Marquis de Tracy bekommen, für den er damals als Privatsekretär arbeitete, und seither beherzigt er ihn streng.

Über die Rücklehne ragt ein zerknitterter weicher Hemdkragen, ein dünner Hals und ein dunkler, dichter Haarschopf. Der Mann schaut auf das Meer hinaus.

Friedrich Glauser schaut auf das Meer hinaus. Am Horizont bauscht eine Jacht ihre Segel, ein verspäteter Fischkutter tu­ckert vorbei und zieht einen Schwarm lachender Möwen hinter sich her. Glauser sieht nichts. Seine Verzweiflung hat in der letzten Stunde eine solche Schwere erreicht, dass sie ins Bodenlose abgesunken ist, der Mann nur noch eine leere Hülle inmitten des fröhlichen Strandtreibens. Er ist über die Maßen müde und hoffnungslos.

Kurz nach zehn Uhr ist er im Grand Hôtel de la Plage angekommen, über zwei Stunden dauerte die Fahrt mit der Eisenbahn von La Bernerie-en-Retz bis hierher. Das Geld hat knapp für die dritte Klasse in der Staatlichen gereicht. Für das letzte Stück der Strecke nahm er das Küstenzüglein Tramway de la Ven­dée. Die Landschaft war bestimmt ganz reizvoll, davon hat man in der Anspannung nichts mitbekommen.

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