Читать книгу Es ist noch kein Meister in den Himmel gefallen. Gebrauchsanleitung für das letzte Lebensdrittel онлайн
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Die Saat der Zukunft
Als Coach erarbeite ich mit meinen Klienten gelegentlich einen Organisationsentwicklungsplan – wo soll ein Unternehmen in einem, in drei, in fünf Jahren stehen. Manche denken noch weiter in die Zukunft und einige bis in die nächste Generation, so wie Olivenbauern und Waldbesitzer, denen bewusst ist, dass die Bäume, die sie heute pflanzen, erst ihre Kinder und Enkel ernähren werden. Anstatt nur an die Kinder und Enkel zu denken, die in einer schönen und sicheren Umgebung aufwachsen sollen, denken wir in der buddhistischen Philosophie auch an uns selbst: Wir säen in der dritten Lebensphase nicht bloß für morgen, sondern langfristig strategisch auch für übermorgen, für unser nächstes Leben. Es ist uns bewusst, dass wir im neuen Leben dort anknüpfen werden, wo unser Lebensfaden im alten Leben endete. Also: Wo und wie wollen wir neu starten?
Bequemlichkeiten wie Boxspringbetten oder Klimaanlagen zählen zwar nicht zu den buddhistischen Must-haves, doch für ein Gedankenspiel: Wollen Sie heute schon dafür sorgen, morgen in einem klimatisierten Raum mit Boxspringbett aufzuwachen oder verzichten Sie auf diese Investition in Ihre Zukunft und boxen sich dann womöglich in den Slums einer Großstadt irgendwie durch, blöd gelaufen. Und das wären erst mal nur die äußeren Bedingungen, denn natürlich kann man in einem sauberen, weichen, kuscheligen Boxspringbett Depressionen kriegen und sich in einem Slum im Kreise seiner Familie und Freunde trotz aller äußeren Widrigkeiten innerlich gut aufgehoben fühlen. In der buddhistischen Lehre kommt es einzig und allein auf die Entwicklung an, deren Gesetzmäßigkeiten wir als Menschen nur ahnen können. Manche von uns, weise Lehrer, ahnen so viel, dass sie wissen. Gewiss ist: Es geht um unser Fortkommen im Dasein. Wie geht ein Mensch mit den Gegebenheiten um, ja man könnte salopp fragen: Macht er das Beste daraus? Was das Beste ist, kommt jedoch auf die Perspektive an, wobei das Beste in allen Weltreligionen ähnlich klingt – im weitesten Sinne geht es darum, ein weiser Mensch zu werden. Der Buddhismus ist übrigens keine Glaubensreligion wie das Christentum, aber in vielen Ländern wurde aus der Weisheitslehre des Buddhismus eine Religion, und Buddha wird stellenweise wie ein Gott verehrt. Doch Buddha ist kein Gott. Der Buddhismus setzt sich auch weniger mit der Frage auseinander, wer die Welt erschaffen und wie lange das gedauert habe, sondern sucht Antworten auf existenzielle Fragen des Daseins. Buddha ist ein weiser Lehrer, und als Schüler können wir ihm folgen, um unsere Leben leichter, freier, verbundener und glücklicher zu gestalten.