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Sittes mit barockem Pathos gemaltes Triumphbild des endgültigen Sieges der in der DDR entfesselten sozialistischen Produktivkräfte über den Kapitalismus musste Utopie bleiben. Die Widersprüche der Wirtschaftsreformen blieben ihm nicht verborgen, der „oft in Leuna“ war, wo man ihm „die Pläne für das Großforschungszentrum gezeigt“ hat.87 In dieser Situation versuchte die SED von dem ökonomischen Rückschlag und dem Ende der Wirtschaftsreformen abzulenken durch eine Umfunktionierung des Wirtschaftsplenums im Dezember 1965 zu dem berüchtigten Kahlschlag-Plenum (15.–18. Dezember 1965), auf dem die Aufmerksamkeit der Bevölkerung auf die angebliche Verrohung der Jugend, auf unsozialistische Dichter, wie Wolf Biermann (* 1936), und angeblich gesellschaftlich negative Filme gelenkt wurde.88

Christa Wolf (1929–2011) erinnert sich an diese Versammlung: „Wir hatten ganz deutlich das Gefühl, daß die Kunst ‚diskussion‘ als Ersatz für die Auseinandersetzung mit den Problemen, die sich in der ökonomischen und gesellschaftlich-politischen Realität der DDR angehäuft hatten, dienen mußte, daß wir als Sündenböcke herhalten sollten.“89 Für sie markierte dieses Dezember-Plenum 1965 die entscheidende Zäsur in ihrem Verhältnis zur DDR. „Danach war nichts mehr zu beschönigen und keine Illusion mehr möglich.“90

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