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Sittes Hommage à Lenin (1969, ssss1)94 zeigt den Revolutionsführer als entrücktes Standbild, zu dem die Betrachtenden in extremer Untersicht aufschauen müssen. Er richtet seinen Blick in eine unbestimmte Ferne und rudert dabei heftig mit seinen Armen und Händen. Um seine Gestalt wabern diffuse Farbströme und Stofffetzen. Am rechten unteren Bildrand lassen sich ein Kreissegment mit einem bunten Fahnenwald und darüber emporgereckte Fäuste identifizieren. Die Andeutung einer Weltraumstation soll, so Sitte, darauf hinweisen, „daß Lenin mit seiner wissenschaftlich revolutionären Theorie eben nicht nur vom Nahziel wußte […]. Sein Blick – und darum ging es mir – reicht weit in das Morgen.“95

Im Gegensatz zu dieser sich in Auflösung befindlichen Leitfigur des Marxismus-Leninismus stellt Bernhard Heisig 1971 seinen Lenin ssss1 als einen hochkonzentrierten Redner vor Augen, der sich in Körperhaltung und Blick ganz den Betrachtenden zuwendet und sie unmittelbar und eindringlich anspricht. Er tritt in einem eleganten, gutsitzenden dunkelvioletten Anzug mit Weste und Krawatte wie ein Wissenschaftler im Hörsaal oder Advokat vor Gericht beim Plädoyer auf. Das einzige Attribut ist ein Buch, das er in der Rechten hält, wobei sein Zeigefinger eine bestimmte Stelle markiert, die er vielleicht während seiner Ansprache noch zitieren wird. Seine Rede beruht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Seine Linke deutet auf die Zuschauer und stellt auf diese Weise einen direkten Kontakt her. Er schaut nicht auf sein Publikum herab, sondern leicht zu ihm auf. Der etwas vorgeneigte Oberkörper unterstreicht diese Hinwendung zum Publikum.

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