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Für dich, Opa

Prolog

Der würzige Geruch von Wurst liegt in der Luft. Auf dem Herd steht ein Topf mit Suppe, der Tisch ist für das Abendessen gedeckt: In der Mitte steht ein Teller voller Käse, auf einem zweiten Teller findet sich Aufschnitt, und Schüttelbrot ist auch zur Genüge da. Ein dampfender Topf voller Erdäpfel vervollständigt das Bild. Karin sieht nach der Suppe und stellt fest, dass auch diese bereit ist. „Essen kommen!“, ruft sie, und erhält sogleich die Antwort ihres Vaters und ihrer Kinder. Diese halten sich noch im Wohnzimmer auf, wo sie zusammen fernsehen, während im Hintergrund ein beständiges „tick-tock“ erklingt. Eine Wanduhr hängt vor dem Erker des Hauses, und ihr Pendel schwingt gleichmäßig hin und her. Arthur stört sich nicht an ihrem Geräusch, im Gegenteil: Diese Uhr soll nicht aufhören zu ticken, wenn er im Haus ist, und immer dann, wenn sie verstummt, heißt es sogleich: „Die Uhr isch aufzudrahnen!“ Dies wird dann schnell von jemandem erledigt, sodass Arthur den wohlbekannten Ton nie missen muss. Langsam erhebt er sich also vom Sofa, geht zusammen mit den Kindern in die Küche und setzt sich an seinen Platz am Kopfende des Tisches. Karin nimmt den Suppentopf vom Herd und verteilt die Suppe gleichmäßig auf die fünf Teller. Sie stellt den Topf auf den Tisch, als die Haustür aufschwingt und ihr Ehemann Peter hereintritt. In seiner Hand hält er einen Krug voller Wein, den er gerade aus dem Keller geholt hat, und schenkt Arthur ein. „Hohoho, des woll hon i gern! Vergelt’s Gott!“ Er nimmt einen kräftigen Schluck und setzt das Glas vor sich ab. Peter stellt den Krug neben Arthur hin und setzt sich ebenfalls an den Tisch. Sowie nun alle sitzen, wird das Schüttelbrot herumgereicht, mit einem Löffel zerschlagen und in die Suppe gegeben. Anfangs ist alles ruhig, man hört nur, wie die Löffel auf die Teller stoßen und im Hintergrund ein dumpfes Ticken erklingt. Aber es dauert nicht lange, bis Arthur die Stille durchbricht. Dabei blickt er in seinen Teller, lächelt zufrieden und sagt: „Na isch des a guate Supp’!“ „Fein, dass sie dor schmeckt, Tata!“, antwortet Karin, worauf Arthur bestätigt: „Jo, gonz guat! So a guate Supp’ hon i net oft ghob, und i hon schun viele Suppen gessen! Na i hon überhaup schun viele Sochen gessen, und viel erleb hon i ah!“ Kopfschüttelnd formt sich langsam ein Lächeln auf seinem Mund, und plötzlich beginnt er lauthals zu lachen. „Jo, erleb hon i viel, Guates wia Schlechtes, und ba jeden Bledsinn bin i dorbeigwesen! Jetzt follt mor eppes in! Hahaha!“ Amüsiert lacht Arthur vor sich hin, während seine Enkelkinder ihn verwundert ansehen und ihn drängen: „Wos isch so lustig, wos isch dor grod eingfollen? Erzehls ins bitte!“ Nach einer längeren Pause, in der Arthur sich erst von seinem Lachanfall beruhigen muss, beginnt er, enthusiastisch zu erzählen. Es folgen einige Minuten gewandten Erzählens, in denen sich auf seinem Gesicht eine Vielzahl an fröhlichen Ausdrücken formt, dann ist er am Ende der Geschichte angelangt. Die Zuhörer lächeln und haben mindestens ebenso viel Freude an der Geschichte wie Arthur selbst, der noch eine Zeit lang kopfschüttelnd die Erinnerung genießt. Dann schließt er seine Erzählung mit den Worten: „Erlebt habe ich wirklich viel! Ein Leben lang gearbeitet, immer versucht, mit jedem gut auszukommen. Nach all den Jahren bin ich hier, noch immer hier, an diesem schönsten Ort. Wo könnte ich es schöner haben als hier, umgeben von Menschen, denen ich etwas bedeute, in einem Haus, welches Oma und ich allein mit harter Arbeit aufgebaut haben. Ein unvergleichlicher Reichtum, für den ich ewig dankbar sein werde. Es macht mich so unglaublich glücklich, eine Heimat wie diese zu haben!“

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