Читать книгу Gesammelte Aufsätze zur romanischen Philologie – Studienausgabe. Herausgegeben und ergänzt um Aufsätze, Primärbibliographie und Nachwort von Matthias Bormuth und Martin Vialon онлайн

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LucrezLukrez verwendet figurafigura im griechisch-philosophischen Sinne auf eine höchst eigentümliche, freie und bedeutende Art. Der Ausgangspunkt ist der allgemeine Begriff «Gestalt», und zwar findet er sich in allen Abstufungen vom energisch Plastischen (manibus tractata figura, 4, 230) bis zum rein geometrischen Umriß (2, 778; 4, 503); er überträgt den Begriff auch vom Plastischen und Optischen auf das Akustische, wenn er 4, 556 von der figura verborumfigurafigurae verborum, figurae senentiarum spricht.6 Der wichtige Übergang von der Gestalt zu ihrer Nachahmung, vom Urbild zum Abbild, läßt sich am besten an der Stelle fassen, die von der Ähnlichkeit der Kinder mit ihren Eltern, von der Mischung der Samen und von der Vererbung handelt; von den Kindern, die utriusque figurae, des Vaters und der Mutter sind, die oft proavorum figuras wiedergeben, und so fort: inde Venus varias producit sorte figuras (4, 1223). Hier zeigt sich, wie das Spiel zwischen Urbild und Abbild gerade nur mit figura gut durchzuführen war; formaforma und imagoimago liegen jeweils allzu fest im einen oder im anderen Sinne; figurafigura ist sinnlicher und beweglicher als forma und bewahrt das Selbst des Ursprünglichen reiner als imago. Freilich ist hier, wie auch späterhin, wenn von Dichtern die Rede ist, überall zu berücksichtigen, welch vorzüglichen dreisilbigen Hexameterschluß figura in allen Flexionsformen bietet.7 Eine besondere Abwandlung der Bedeutung «Abbild» findet sich in LucrezLukrez’ Lehre von den Gebilden, die sich wie Häutchen (membranae) von den Dingen abschälen und in der Luft umherstreifen, jener demokritischenDemokrit Lehre von den «Bildfilmen» (DielsDiels, H.), den materialistisch verstandenen Eidola, die er simulacrasimulacrum, imagines, effigiaseffigies und bisweilen auch figuras nennt; und so findet sich auch bei ihm zuerst figurafigura in der Bedeutung von «Traumbild», «Phantasiegestalt», «Schatten des Toten».

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