Читать книгу Gesammelte Aufsätze zur romanischen Philologie – Studienausgabe. Herausgegeben und ergänzt um Aufsätze, Primärbibliographie und Nachwort von Matthias Bormuth und Martin Vialon онлайн

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Im letzten Abschnitt des 8. und im 9. Buche der Institutio oratoria also gibt QuintilianQuintilian eine eingehende Darstellung der TropenTropenFiguren- und FigurenlehreFigurenlehre, die einerseits, wie es scheint, eine zusammenfassende Auseinandersetzung mit früheren Meinungen und Arbeiten darstellt, andrerseits für die späteren Bemühungen um den Gegenstand grundlegend wurde. Er scheidet die Tropen von den Figuren; Tropus ist der engere Begriff und bezieht sich nur auf die uneigentliche Bedeutung von Worten und Redewendungen; Figur hingegen ist jede Formung der Rede, die vom gewöhnlichen und nächstliegenden Gebrauch abweicht. Es handelt sich bei der Figur nicht darum, Worte statt anderer Worte zu setzen, wie bei allen TropenTropenFiguren; es lassen sich auch aus Worten in ihrer eigentlichen Bedeutung und Anordnung Figuren bilden. Im Grunde sei jede Rede eine Formung, eine Figur, man brauche das Wort aber nur für poetisch oder rhetorischRhetorik besonders ausgebildete Formungen, und so unterscheide man einfache (carens figuris, ἀσχματιστόςἀσχματιτός (carens figuris)) und figürliche (figuratus, ἐσχηματσμένοςἐσχηματισμένος) Redeweisen. Die Unterscheidung zwischen Tropus und Figur gelingt nur mühsam. QuintilianQuintilian selbst schwankt häufig, zu welchem der beiden eine Redeform zu rechnen sei; der spätere Sprachgebrauch hat sich vielfach dafür entschieden, figurafigura als den Oberbegriff anzusehen, der den Tropus miteinschließt und also jede uneigentliche oder mittelbare Ausdrucksweise als figürlich zu bezeichnen. Als Tropen nennt und beschreibt er die MetapherMetapher, die SynekdocheSynekdoche (mucronem pro gladio; puppim pro navi), die MetonymieMetonymie (Mars für den Krieg, VergilVergil für VergilsVergil Werke), die AntonomasieAntonomasie (der Pelide für Achill) und vieles Ähnliche; die Figuren teilt er in solche, die den Inhalt, und solche, die die Worte betreffen (figurae sententiarum und verborumfigurafigurae verborum, figurae sententiarum). Als figurae sententiarum zählt er auf: die rhetorische FrageRhetorische Frage, mit der dazu selbstgegebenen Antwort; die verschiedenen Arten der Vorwegnahme von Einwänden (prolepsisProlepsis); das scheinbare Ins-Vertrauen-Ziehen der Richter oder Hörer oder sogar des Gegners; die ProsopopöeProsopopöe, in der man andere Personen, etwa den Gegner, oder Personifikationen wie das Vaterland selbst sprechen läßt; die feierliche ApostropheApostrophe; die konkretisierende Ausmalung eines Vorgangs, evidentiaevidentia oder illustratioillustratio; die verschiedenen Formen der IronieIronie; die AposiopeseAposiopese oder obticentiaobticentia oder interruptiointerruptio, bei der man etwas «hinunterschluckt»; die gespielte Reue über etwas, was man gesagt hat; und vieles in der gleichen Art; vor allem aber diejenige Figur, die man damals als die wichtigste ansah, die den Namen Figur vor allem zu verdienen schien: die versteckte AnspielungAnspielung (versteckte) in ihren verschiedenen Formen. Man hatte eine raffinierte Technik ausgebildet, etwas auszudrücken oder zu insinuieren, ohne es auszusprechen, und zwar natürlich etwas, was aus politischen oder aus taktischen Gründen oder einfach um der größeren Wirkung willen verborgen oder wenigstens unausgesprochen bleiben sollte. QuintilianQuintilian beschreibt, welch große Bedeutung die Übung in dieser Technik in den Rhetorenschulen besaß und daß man eigens Fälle konstruierte, die controversiae figurataecontroversiae figuratae, um sich darin zu vervollkommnen und auszuzeichnen. Als Wortfiguren schließlich nennt er absichtliche SoloecismenSoloecismus, rhetorische WiederholungenWiederholung (rhetorisch), AntithesenAntithese, GleichklängeGleichklang, Auslassungen eines Wortes, AsyndetonAsyndeton, KlimaxKlimax und einiges Verwandte.

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