Читать книгу Gesammelte Aufsätze zur romanischen Philologie – Studienausgabe. Herausgegeben und ergänzt um Aufsätze, Primärbibliographie und Nachwort von Matthias Bormuth und Martin Vialon онлайн

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Bei den meisten Autoren der gleichen Zeit findet sich die FiguraldeutungFiguraldeutung mit ihren berühmtesten Beispielen gleichsam als tägliches Brot,25 und ebenso auch der Gegensatz figurafigura und veritasveritas. Doch trifft man auch zuweilen eine stärker spiritualistischeSpiritualismus, allegorischeAllegorie und moralische Deutungsweise – etwa in den Bibelkommentaren von OrigenesOrigenes. An einer Stelle, die vom Opfer Isaaks handelt – es ist dies sonst eines der berühmtesten Beispiele realistischer Figuraldeutung – steht bei seinem lateinischen Übersetzer RufinusRufinus (PG 12, 209 B; das griechische Original ist verloren) Folgendes: Sicut in Domino corporeum nihil est, etiam tu in his omnibus corporeum nihil sentias: sed in spiritu generes tu filium Isaac, cum habere coeperis fructum spiritus, gaudium, pacem. Zwar ist auch OrigeOrigenesnes keineswegs so abstrakt allegorisch wie etwa PhiloPhilo; lebendig und unmittelbar den wirklichen Leser und sein wirkliches Leben betreffend erscheinen auch bei ihm die Ereignisse des Alten TestamentsAltes Testament; allein wenn man beispielsweise seine schöne Erklärung des dreitägigen Weges im Exodus liest (a. a. O. p. 313ss.), so ist doch das Überwiegen des Mystischen und Moralischen vor dem eigentlich Geschichtlichen sehr deutlich zu fühlen.26 In dem Unterschied zwischen der mehr innergeschichtlich-realistisehen Deutungsweise TertulliansTertullian und der mehr allegorisch-moralischen Origenes’Origenes tritt ein auch sonst bekannter Konflikt innerhalb des frühen Christentums zutage: die einen strebten danach, den Inhalt der neuen Lehre, insbesondere aber den Inhalt des Alten TestamentsAltes Testament ins rein Geistige zu wenden und ihren geschichtlichen Charakter gleichsam zu verflüchtigen – während die anderen ihn in seiner vollen, freilich tief bedeutungserfüllten Innergeschichtlichkeit zu bewahren wünschten. Im Westen ist diese letztere Tendenz unbedingt siegreich geblieben, obgleich auch die andere nie ihren Einfluß verloren hat, was sich ja schon in dem Eindringen der Lehre von den verschiedenen Schriftsinnen zeigt; denn diese läßt zwar den wörtlichen oder historischen Sinn bestehen, reißt aber seinen Zusammenhang mit der ebenso wirklichen Praefiguration auseinander, indem sie anstelle und neben die praefigurale Deutung andere rein abstrakte Deutungen setzt. An dem Ausgleich beider Gesinnungen, der doch im ganzen zugunsten der lebendig figuralen Deutung ausfiel, ist entscheidend AugustinAugustinus beteiligt, dessen Geistigkeit viel zu lebendig und geschichtlich war, um sich mit dem bloß abstrakt AllegorischenAllegorie zu begnügen.

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