Читать книгу Gesammelte Aufsätze zur romanischen Philologie – Studienausgabe. Herausgegeben und ergänzt um Aufsätze, Primärbibliographie und Nachwort von Matthias Bormuth und Martin Vialon онлайн

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Daß die ganze antike Tradition in AugustinAugustinus lebte, erkennt man auch bei dieser Gelegenheit, in seinem Gebrauche des Wortes figurafigura. Es erscheint als allgemeiner Gestaltbegriff in all seiner ererbten Vielfalt, statisch und in Bewegung, als Umriß und plastisch, für Welt oder Natur im ganzen und für den einzelnen Gegenstand; als das Äußerlich-Sinnliche, neben forma, color u. ä. (epist. 120, 10 oder 146, 3), damit aber auch als das Wandelbare gegenüber dem unvergänglichen Wesen, und in diesem Sinne interpretiert er 1. Cor. 7, 31: Peracto quippe iudicio tunc esse desinet hoc coelum et haec terra, quando incipiet esse coelum novum et terra nova. Mutatione namque rerum non omni modo interitu transibit hic mundus. Unde et apostolus dicit: praeterit enim figura huius mundi, volo vos sine sollicitudine esse. Figura enim praeterit, non natura (De civ. 20, 14). Figura erscheint ferner als Götzenbild, als Traumgestalt oder Vision, als mathematische Form; es fehlt kaum eine der vielen bekannten Abwandlungen. Weitaus am häufigsten aber erscheint es als RealprophetieRealprophetie. Augustin übernimmt ausdrücklich die figurale Interpretation des ATAltes Testament, empfiehlt sie mit Nachdruck für Predigt und Mission (z. B. de catichizandis rudibus 3, 6) und gestaltet sie selbst weiter aus; die ganze Fülle ihrer Deutungen zieht in seinem Werke an uns vorüber: die Arche Noah ist praefiguratio ecclesiae (De civ. 15, 27); Moses ist auf mehrfache Art figura Christi (z. B. de civ. 10, 6 od. 18, 11); das sacerdotium Arons ist umbra et figura aeterni sacerdotii (ib. 17, 6); Hagar, die Sklavin, ist figurafigura des Alten Testaments, der terrena Jerusalem, Sarah aber des Neuen, supernae Jerusalem, civitatis Dei (ib. 16, 31; 17, 3; expos. ad. Gal. 40); Jacob und Esau figuram praebuerunt duorum populorum in Christianis et ludeis (de civ. 16, 42); die gesalbten Könige von Juda (Christi) figuram prophetica unctione gestabant (ib. 17, 4). Das sind nur wenige Beispiele; das ganze ATAltes Testament, zumindest die entscheidenden Gestalten und Ereignisse werden einheitlich figural interpretiert; auch da, wo Worte und Wortprophezeiungen in ihrem verborgenen Sinn erläutert werden, wie z. B. das Dankgebet Annas (1. Sam. 2, 1–10) in de civ. 17, 4, ist die Deutung meist nicht nur allegorisch, sondern figural; die Lobpreisung Annas über die Geburt ihres Sohnes Samuel wird als Figur der Verwandlung des alten irdischen Königs- und Priestertums in das neue himmlische erklärt, wobei sie selbst zur figurafigura ecclesiae wird.

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