Читать книгу Gesammelte Aufsätze zur romanischen Philologie – Studienausgabe. Herausgegeben und ergänzt um Aufsätze, Primärbibliographie und Nachwort von Matthias Bormuth und Martin Vialon онлайн

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Auf das eindringlichste wehrt sich AugustinAugustinus gegen die rein allegorischeAllegorie Auffassung der heiligen Schriften und gegen die Meinung, es sei das Alte TestamentAltes Testament gleichsam eine hermetische Schrift, die nur durch eine den wörtlich-historischen Sinn und das gemeine Verständnis ausschließende Deutung zu begreifen sei: jeder Gläubige könne gleichsam stufenweise zu ihrem erhabenen Inhalt vordringen: … sancta scriptura parvulis congruens nullius generis rerum verba vitavit, ex quibus quasi gradatim ad divina atque subliiam noster intellectus velut nutritus assurgeret, heißt es de trin. 1, 2, und mit noch deutlicherem Bezug auf das hier in Rede stehende Figuralproblem: Ante omnia, frater, hoc in nomine Domini admonemus et praecipimus, ut quando auditis exponi sacramentum scripturae quae gesta sunt, prius illud quod lectum est credatis sic gestum quomodo lectum est; ne substrato fundamento rei gestae quasi in aere quaeratis aedificare (Serm. 2, 6f.).27 Auch nach seiner, damals schon längst zur Tradition gewordenen Auffassung ist das ATAltes Testament rein realprophetischRealprophetie, und mit noch größerem Nachdruck als andere beruft er sich dafür auf einige Stellen der PaulusbriefePaulus (Apostel), von denen wir noch zu handeln haben werden. Die Gesetzesbeobachtungen, quas tamquam umbras futuri saeculi nunc respuunt Christiani, id tenentes, quod per illas umbras figurate promittebatur, und die Sakramente, quae habuerunt promissivas figuras, sind Buchstabe, und zwar eben in dem Sinne, daß ihre unbezweifelte fleischlich-geschichtliche Wirklichkeit durch die christliche Erfüllung, nicht minder geschichtlich, enthüllt und geistig gedeutet – und, wie wir gleich sehen werden, durch eine neue, vollständigere, klarere Versprechung ersetzt worden ist; und daher habe der Christ sich zu verhalten non ad legem operum, ex qua nemo iustificatur, sed ad legem fidei, ex qua iustus vivit (de spir. et litt. 54, 23). Die alten Juden, quando adhuc sacrificium verum, quod fideles norunt, in figuris praenuntiabatur, celebrabant figuram futurae rei; multi scientes, plures ignorantes (Enarr. in Psalm. 39, 12); die gegenwärtigen Juden, und hier klingt das in der gesamten späteren Judenpolemik immer wiederkehrende Thema an,28 sträubten sich in starrer Verblendung, dies anzuerkennen: Non enim frustra Dominus ait Judaeis: si crederetis Moysi, crederetis et mihi; de me enim ille scripsit (Joan. 5, 46): carnaliter quippe accipiendo legem, et eius promissa terrena rerum coelestium figuras esse nescientes (de civ. 20, 28). Noch aber ist die Erfüllung durch das «Himmlische» nicht vollbracht; und so zeigt sich, wie schon bei einigen Früheren, noch ausgeprägter bei AugustinAugustinus, daß die Gegenüberstellung zweier Pole, Figur und Erfüllung, zuweilen ersetzt wird durch einen dreistufigen Vollzug: das Gesetz oder die Geschichte der Juden als prophetische figurafigura für Christi Erscheinen; die Inkarnation als Erfüllung dieser figura, und zugleich als neue Verheißung von Weltende und Jüngstem Gericht; und schließlich das künftige Eintreffen dieser Ereignisse als endgültige Erfüllung. Vetus enim Testamentum est promissio figurata, novum Testamentum est promissio spiritualiter intellecta heißt es Serm. 4, 9, und noch deutlicher contra Faustinum 4, 2: Temporalium quidem rerum promissiones Testamento Veteri contineri, et ideo Vetus Testamentum appellari nemo nostrum ambigit; et quod aeternae vitae promissio regnumque coelorum ad Novum pertinet Testamentum: sed in illis temporalibus figuras fuisse futurorum quae implerentur in nobis, in quos finis saeculorum obvenit, non suspicio mea, sed apostolicus intellectus est, dicente Paulo, cum de talibus loqueretur: Haec autem … (folgt 1. Cor, 10, 6 und 11). Obgleich hier auch die endgültige Erfüllung als unmittelbar bevorstehend angesehen wird, ist es doch deutlich, daß es sich um zwei Versprechungen handelt, eine scheinbar zeitliche, verhüllte im ATAltes Testament und eine klar ausgesprochene überzeitliche im Evangelium. Damit erhält zugleich die Lehre vom vierfachen Schriftsinn einen weit stärker realistischen und geschichtlich konkreten Charakter, indem drei von den vier Bedeutungen konkret ereignishaften, miteinander verknüpften Sinn gewinnen, und nur eine rein moralisch-allegorisch bleibt, wie AugustinAugustinus dies in der Schrift de gen. ad litt. 1,1 auseinandersetzt: In libris autem omnibus sanctis intueri oportet, quae ibi aeterna intimentur (Weltende und ewiges Leben, analogischer Sinn), quae facta narrentur (wörtlich-geschichtlicher Sinn), quae futura praenuntientur (Figuralsinn im engeren Verstande, im AT die RealprophezeiungenRealprophetie des Erscheinens Christi), quae agenda praecipiantur vel moneantur (moralischer Sinn).

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