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Walther steht schon darum an der Spitze jener Sänger, weil er, fern von aller konventionellen Spielerei, am entschiedensten und männlichsten die dreierlei Elemente umfaßt, die wir oben als das Charakteristische des Minnegesanges bezeichnet haben. Kein anderer sang so rein, so süß und wahr wie Walther von der ewigen Schönheit der Frauen, »wenn lieblich lacht in Lieb ihr süßer roter Mund und Pfeil' aus spielenden Augen schießen in Mannes Herzens Grund«. Dieser liebliche Frauendienst aber ruht bei ihm, wie ein Heiligenbild auf Goldgrund, auf einem tiefen religiösen Gefühle. »Da dacht ich mir viel ange (angstvoll), wie man zu Welt hier sollte leben: und keinen Rat ich konnte geben, wie man drei Dinge erwürbe, der keines nicht verdürbe. Die zwei sind Ehre und fahrendes Gut, das oft einander Schaden tut, das dritte ist Gottes Hulde, der zweien Übergulde; die wollt ich gern in einen Schrein. Ja leider, das kann nimmer sein, daß Gut und weltlich Ehre und Gottes Hulde mehre zusammen in ein Herze kommen. Stieg und Wege sind ihnen benommen, Untreue ist in der Saße (Hinterhalt), Gewalt führt auf der Straße, Friede und Recht sind sehre wund. Die drei zusammen haben kein sicheres Geleite, nur zwei, die werden ehe gesund.« – Ebenso ernst wahrt er in Lied und Tat den Herrendienst, indem er mit unwandelbarer Treue in Glück und Not zu seinen rechtmäßigen Kaisern hält. – Wie wahr und ergreifend endlich ist bei ihm die Wehmut und Klage über die Vergänglichkeit der irdischen Dinge: »O weh, wohin geschwunden sind alle meine Jahr! hat mir mein Leben geträumt oder ist es wahr? Was ich je wähnte, daß es wäre, ist das icht (etwas)? Darnach hab ich geschlafen und ich weiß es nicht. Nun bin ich aufgewacht, und mir ist unbekannt, was einst vertraut mir war wie meine andre Hand. Leut und Lande, da ich von Kindheit bin erzogen, die sind mir fremd geworden, als wär es all erlogen. Die mir Gespielen waren, die sind träge und alt, und öde liegt das Feld, verhauen ist der Wald – nur daß das Wasser fließet, so wie es weiland floß –, wie ich gedenke manchen wonniglichen Tag, der mir zerronnen ist, wie in das Meer ein Schlag: Immer mehr o weh!«

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