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Die wahre Poesie ist indes glücklicherweise, wenngleich in der äußerlichen Form verwundbar, doch in ihrem Grundwesen unverwüstlich. Mitten in diesem weltlichen Getümmel flüchtete sie sich daher unerwartet aus dem Buche wieder zum lebendigen Worte, indem sie in ihrem neuen Prosa-Gewande noch einmal zu ihrer ursprünglichen Heimat, zur Kirche, zurückkehrte. Es ist nicht bloß der große Inhalt, sondern auch die wunderbare Poesie der Darstellung, welche die Predigten des Franziskaners Berthold von Regensburg so gewaltig machte, daß ihm Tausende folgten, wenn er von Bergen, an einsamen Feldkapellen oder im Walde zum Volke redete. In den Predigten Susos, wie in den Betrachtungen des Thomas von Kempen, steigt die uralte Minne noch einmal in ihrer reinsten Flamme schlank und klar zum Himmel auf. Dieselbe Kraft poetischer Weihe hat in den Predigten Johann Taulers und Geilers von Kaisersberg – obgleich der letztere, um populär zu sein, mit seinen seltsamen Vergleichungen schon öfters wieder ins Weltliche abschweift und gewissermaßen der Vorläufer Abrahams a Santa Clara ist – einen Blick in den Abgrund der göttlichen Geheimnisse eröffnet, von dem die scholastische Theologie nichts ahnte.

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