Читать книгу Geschichte der poetischen Literatur Deutschlands онлайн

91 страница из 96

Hiernach sehen wir denn auch unser Drama, obgleich es niemals zu nationaler Entwickelung gelangt ist, genau dieselben Bildungsphasen des Zeitgeistes durchmachen, die wir vorhin auch beim Epos und bei der Lyrik bemerkt haben. Auf das christliche Dogma gestellt, geht in den ursprünglichen Mysterien und Moralitäten noch alles Subjektive in den religiösen Geheimnissen auf, noch scheu und unbeholfen mit dem übermächtigen Stoffe ringend. Zwar werden schon früh komödienhafte Zwischenspiele mit eingeschoben, anfänglich jedoch nur in gewissenhaftem Dienst der Kirche, um die biblischen Texte volksmäßig zu paraphrasieren und durch den Kontrast noch mehr zu heben. Bei der wachsenden Verweltlichung des Lebens aber verweltlicht auch das Zwischenspiel immer mehr; einheimische und fremde Volksnarren, wie der Bott Jan Posset, Pickelhäring, Stockfisch und der französische Jean Potage, laufen immer bunter, lauter und kecker dazwischen, so daß endlich die Kirche zögernd und ungern sich gedrungen sah, dieser Profanation durch Verbote entgegenzutreten. Allein zu offenbarem Nachteile beider. Denn jetzt vereinsamte das Mysterium, da das mit der Welt vermittelnde Zwischenspiel wegfiel, und das Zwischenspiel, leichtsinnig und trotzig, sagte sich von seiner ursprünglichen Bedeutung völlig los, ging aus der Kirche in die Schenke und verwilderte dort zum possenhaften Fastnachtsspiele; das Mysterium wurde langweilig und das Fastnachtsspiel gemein.

Правообладателям