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Ein anderes wichtiges Moment dieser Volkspoesie aber, die Sage vom Faust, ist, wenngleich einzelne zufällige Züge derselben an den mittelalterlichen Zauberer Virgilius erinnern, doch in seinem Grundwesen neueren Ursprungs und kann daher erst weiter unten in Betracht gezogen werden.

Dem sinkenden religiösen Glauben sank das Rittertum, das ihn verteidigen sollte, dem sinkenden Rittertume der Minnegesang nach, der durchaus vom Rittertum lebte und dessen eigentliche Blüte war. Denn wenn die Poesie überhaupt mit den religiösen und sittlichen Zuständen der Nation innig zusammenhängt, so muß für deren Temperaturwechsel grade die Lyrik, als die subjektivste Dichtungsart und Darstellung der Gegenwart, am empfindlichsten sein und, sobald dort die Nation an ihrem Innersten ungewiß und irre wird, hier auch zuerst die Verwirrung eintreten. Um aber in jener Zeit diese Verwirrung vollkommen zu machen, spielt auch noch eine mißverständliche Verwechselung und Vermischung des Neuplatonismus und des wahren Plato mit hinein und erzeugt in der Poesie eine Art heidnisch-christlicher Mythologie, wo, wie in einem nebelhaften Traume, die Heiligen der Legende und die Götter des Olymps einander brüderlich begegnen. Daher sehen wir denn in dieser schwankenden Übergangsperiode auch die Lyrik in alle möglichen Richtungen und Gegensätze ausfahren, Didaktisches, Rhetorik, Mystisches und Schwank bunt ineinander wirrend, so daß eine genauere Grenze kaum mehr zu erkennen ist.

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