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Andere alte Stoffe dagegen verwandelten in dem neuen Klima allmählich ihre angeborene Physiognomie. Auch das uralte Tier-Epos beruhte ursprünglich auf dem eigentümlich deutschen Naturgefühl, auf der poetischen Anschauung des geheimnisvollen Geisteslebens der Tierwelt, dessen Darstellung der einzige Sinn und Zweck war. Jetzt aber sehen wir den alten einfachen Reinhart im Reineke Fuchs polemisch in Satire umschlagen, nicht in eine gewöhnliche Satire einzelner Personen oder Geschichten, sondern der mittelalterlichen Historie überhaupt. Es ist, wie wir schon anderswo bemerkt haben, die Opposition des sich emanzipierenden Verstandes gegen den Geist des Rittertums, des Realen gegen das Ideale, des klugen Fuchses gegen den alt und matt gewordenen Löwen. – Noch kecker und unumwundener verfährt Till Eulenspiegel in dieser geistigen Revolution. Er hat aus den Schwänken und Schelmenstreichen der Amis, Kalenberg und aller Volksnarren sich ein schweinsledern kugelfestes Wams zusammengeflickt, an dem, wie bei seinem Vetter Marcolph, jederlei Tugend und Weisheit, die Tapferkeit an der List, höhere Bildung am hausbackenen Verstand, Gelehrsamkeit am Bauernwitz, abprallt und stumpf wird. Hier ist das Rittertum bereits zum Don Quichotte geworden, und Till ist sein Sancho Pansa.

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