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Weil aber jetzt der rechte Mittelpunkt, aus welchem allein bisher der Umkreis des irdischen Daseins bis zu seinen fernsten Stadien so scharf und klar beleuchtet worden, nach und nach abhanden gekommen war, so vermochte auch die am Gleichgültigen ermattende poetische Produktionskraft nicht mehr, die Erscheinungen des Lebens unmittelbar zu individualisieren, und nahm daher zu dem abstrakten Abbild desselben ihre Zuflucht. Und so sehen wir nun die Allegorie in das Lied einziehn und es bald gänzlich überwältigen. Eine der beliebtesten Allegorien war die Darstellung des Liebenden als Jäger, wie z.B. in der Jagd des Hadamar von Laber, wo das Herz des Jägers als rastlos umherspürender Hund und der Merker als Wolf erscheint, der den Hund zu zerreißen droht. Im Spiegel wird die Treue von ihrer Kaiserin Frau Abenteuer ausgesandt, um Liebestreue zu finden. In dem Gedicht von der Liebe und dem Pfennig streitet die Liebe gegen den Weltbeherrscher Pfennig, der am Ende die Liebe ins Wasser stößt. Die Minne selbst tritt nun als bloße allegorische Figur auf und wird – nachdem sie bei der allmählichen Herabstimmung sinnlich geworden, ganz konsequent – erst zur heidnischen Frau Venus, wie in der Mohrin, und endlich gar zur Teufelin, wie in dem Gedicht vom treuen Eckart. Ja, in dem vom Kaiser Maximilian 1517 entworfenen und von seinem Geheimschreiber Melchior Pfinzing ausgeführten Theuerdank werden nicht mehr die Minne, Gedanken und Gefühle, sondern die gewöhnlichsten Jagd-, Krieges- und Brautfahrten pomphaft allegorisiert; ein Werk, das nicht seine Poesie, sondern seine vornehme Herkunft und prachtvolle Ausstattung berühmt gemacht.

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