Читать книгу Gesammelte Werke . Romane, Novellen, Erzählungen, Gedichte und Autobiographie онлайн

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Nüchtern liegt die Welt wie ehe,

Und die Zaub'rin bei dem Alten

Spielt die vor'gen Spiele wieder

Einsam wohl noch lange Jahre.

Die Gräfin, die zuletzt mit ihrem schönen, begeisterten Gesicht einer welschen Improvisatorin glich, unterbrach sich hier plötzlich selber, indem sie laut auflachte, ohne daß jemand wußte, warum. Verwundert fragte alles durcheinander: Was lachen Sie? Ist die Allegorie schon geschlossen? Ist das nicht die Poesie? Ich weiß nicht, ich weiß nicht, ich weiß nicht, sagte die Gräfin lustig und sprang auf.

Von allen Seiten wurden nun die flüchtigen Verse besprochen. Einige hielten die Prinzessin im Gedicht für die Venus, andre nannten sie die Schönheit, andre nannten sie die Poesie des Lebens. Es mag wohl die Gräfin selber sein, dachte Friedrich. Es ist die Jungfrau Maria als die große Weltliebe, sagte der genialische Reisende, der wenig acht gegeben hatte, mit vornehmer Nachlässigkeit. Ei daß Gott behüte! brach Friedrich, dem das Gedicht der Gräfin heidnisch und übermütig vorgekommen war, wie ihre ganze Schönheit, halb lachend und halb unwillig aus: Sind wir doch kaum des Vernünftelns in der Religion los und fangen dagegen schon wieder an, ihre festen Glaubenssätze, Wunder und Wahrheiten zu verpoetisieren und zu verflüchtigen. In wem die Religion zum Leben gelangt, wer in allem Tun und Lassen von der Gnade wahrhaft durchdrungen ist, dessen Seele mag sich auch in Liedern ihrer Entzückung und des himmlischen Glanzes erfreuen. Wer aber hochmütig und schlau diese Geheimnisse und einfältigen Wahrheiten als beliebigen Dichtungsstoff zu überschauen glaubt, wer die Religion, die nicht dem Glauben, dem Verstande oder der Poesie allein, sondern allen dreien, dem ganzen Menschen, angehört, bloß mit der Phantasie in ihren einzelnen Schönheiten willkürlich zusammenrafft, der wird ebenso gern an den griechischen Olymp glauben, als an das Christentum, und eins mit dem andern verwechseln und versetzen, bis der ganze Himmel furchtbar und öde wird. Friedrich bemerkte, daß er von mehreren sehr weise belächelt wurde, als könne er sich nicht zu ihrer freien Ansicht erheben.

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