Читать книгу Kunst des Lebens, Kunst des Sterbens. Wie wir den Traum von Ich und Welt mit Achtsamkeit, Mitempfinden und offenem Gewahrsein meistern und befreiende Luzidität erlangen können онлайн

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Dr. Roberto Assagioli erklärte die Herangehensweise seines therapeutischen Systems der »Psychosynthese« einmal so: Es gehe darum zu erkennen, dass man einen Körper habe, aber nicht sein Körper sei. Man habe Gefühle, aber sei nicht seine Gefühle. Man habe Wünsche, aber sei nicht seine Wünsche. Man habe einen Geist, aber sei nicht sein Geist – sondern ein Zentrum aus reinem Bewusstsein. Daraus schließe ich, dass Assagioli, inspiriert vom Advaita-Vedanta, bereits in eine Richtung gearbeitet hat, die mir für eine künftige Psychotherapie nun möglich scheint. Ich möchte dabei aber im Sinne des Dzogchen Bewusstsein und Gewahrsein, Psyche und Gewahrsein klar unterschieden wissen und dann die Betonung auf Gewahrsein legen, insofern von dort Heilung kommt – ja, Heilsein in unserem nichtkonzeptuellen Zustand bereits immer verwirklicht ist. Wenn wir nun von dieser grundlegenden Gesundheit ausgehen und bei ihr ansetzen wollen, so ist es gut, von »Gewahrseinstherapie« zu sprechen.

Energie fließt immer dahin, worauf die Aufmerksamkeit sich richtet. Gewahrseinstherapie vollzieht eine völlige Wende der therapeutischen Sicht- und Vorgehensweise, indem der Fokus des Therapeuten weniger auf die Probleme als auf die ursprüngliche Gesundheit, auf das reine Gewahrsein des Patienten gerichtet ist. Der Patient lernt im Gespräch, wie er seine Gefühle und Gedanken achtsam betrachten kann, ohne auf sie mit Verdrängung, mit Anhaften oder Aversion zu reagieren, und erfährt dadurch Selbstdistanzierung und Freisein von diesen Inhalten. Mithilfe der Fragestellung »Wer ist sich dieser Gefühle und Gedanken gewahr?« kann er direkt in den Zustand reinen Gewahrseins eingeführt werden, der in der grundlegenden Offenheit der Sinne und des Geistes zwar immer gegenwärtig ist, aber bisher übersehen wurde.

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