Читать книгу Mit dem Klapprad in die Kälte. Abenteuer auf dem Iron Curtain Trail онлайн

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So wie der Winter, der ihre Heimat prägt, können auch die Finnen schroff und unterkühlt rüberkommen. Ich hörte nie jemanden laut werden oder jubeln oder schallend lachen. Um es mit Dorothy Parker zu sagen: Sie durchliefen das Spektrum der Emotionen von A bis B. Es wäre aber verfehlt, diesen reservierten Mangel an Leidenschaft als Herzlosigkeit oder Verachtung zu interpretieren.

Ich machte diesen Fehler wieder und wieder. Ich machte ihn, als mich die Schneemobilfahrer, als ich halbtot an ihrer Schwelle erschien, mit der Bitte begrüßten, die Stiefel auszuziehen, da sie eben gefegt hätten. Ich machte ihn, als ich, just einem Schneesturm entronnen, den UPS-Fahrer nach dem Weg fragte und er antwortete: »In den Alpen ist gerade ein Flugzeug abgestürzt. Alle sind tot. Alle.« Und ich machte ihn, als eine betagte Hotelwirtin mir den Weg zum Restaurant erklärte, indem sie zunächst auf den kleinen Tankstellenshop gegenüber und dann auf eine Mikrowelle im Flur wies.

Das letzte Mal machte ich ihn kurz nach meinem ersten Platten, den ich rätselhafterweise auf einer dicken Schneedecke mitten im ganz gewöhnlichen Nirgendwo erlitt. Als ich mit bloßen und kreischenden Fingern den hinteren Reifen von der Felge fummelte, rumpelte am bleichen Horizont ein uralter Audi heran und hielt geräuschvoll neben mir an. Das Fenster senkte sich quietschend und das schwermütige Wehklagen einer Blues-Gitarre jammerte heraus, gefolgt von einem rotbärtigen Gesicht. »Ich schätze, du bist nicht von hier«, sagte dessen Träger im üblichen tonlosen Singsang und ich bestätigte, dass er das ganz richtig erfasst habe. Er knipste die Stereoanlage aus und nahm teilnahmslos meine missliche Lage in Augenschein. »Ein Fahrrad ist keine gute Idee. Dieses Fahrrad ist erst recht keine gute Idee.« Dann nickte er, drehte Blind Kimi wieder voll auf und rief zum Abschied: »Wenn du Hilfe brauchst, wirst du fragen.«

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