Читать книгу Mit dem Klapprad in die Kälte. Abenteuer auf dem Iron Curtain Trail онлайн

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»Gibt es hier ein Problem, ja, nein?«

Ich schilderte meine Notlage und mit einem knappen Nicken schritt sie wortlos zur Ladentür, die geöffnet wurde, noch bevor sie klopfen konnte. Als sie wieder herauskam, hatte ich bereits angefangen, die Vorzüge einer mit Freiheitsentzug einhergehenden Lösung zu erwägen, die mir im Zuge einer Verurteilung wegen Störung der öffentlichen Ordnung eine Woche warme Unterkunft bei freier Verpflegung bescheren würde. Doch es sollte nicht sein. »Sie werden ihr Essen kaufen, ihre Küche benutzen und ihren Kaffee trinken.« Ich dankte der Beamtin recht unbeholfen, dann blickte ich an ihrer unergründlichen Miene vorbei auf die sehr ergründliche Miene der Inhaberin, die sich hinter der geöffneten Tür zu einem matten Versuch des Willkommens verzog. Wenn du Hilfe brauchst, dachte ich, wirst du fragen. Und dann dachte ich: Was auch immer du sonst anstellst, versuche so was niemals ins Russland.

Über lange Tage hatte ich mich auf meiner Route immer weiter von der Grenze entfernt, der ich hatte folgen wollen – keine arktische Einöde ist so öde wie der Nordosten von Lappland und keine Bewohner bedeutet auch keine Straßen. Doch nun, nachdem er mit Nachdruck ostwärts beigedreht hatte, nahm der EV13 direkt Kurs auf Russland: Ich hatte endlich die Fährte des Bären aufgenommen und mit ihm auch eine schwache Witterung des Eisernen Vorhangs. Die Souvenirshops in Saariselkä waren voller kyrillischer Schlüsselanhänger gewesen und als ich am Abend danach in meiner Fischgeschäft-Café-Hütte (ja, echt) den Fernseher anmachte, wurde ich von einem ausdruckslosen Nachrichtensprecher begrüßt, der genehmigte Informationen von einem Ticker voller spiegelverkehrter Rs las. Der Café-Betreiber erzählte mir, als er mir das Abendessen servierte, dass wohlhabende russische Besucher den Tourismus hier oben in den letzten Jahren ziemlich umgekrempelt hätten. Der ernüchternde hauptsächliche Köder: nicht-gefälschte Luxuswaren. »Sie sagen, in Russland könnte alles gefälscht sein, sogar Schuhe und Whisky.« Aber dann hatte sich der Rubel ausgerollt und fast über Nacht war der Devisenfluss verebbt. »Das kostet mich jeden Monat 10.000 Euro.« Er seufzte und räumte den leicht mit Rentier-Eintopf-Resten verschmierten Teller ab. Es würde noch zwei Tage dauern, bis ich meinen ersten Russen begegnete, einem Paar in einem nagelneuen Range Rover. Ihre Gesichter verrieten sie, noch bevor es das Nummernschild tat: Mienen fassungslosen Unglaubens, die nichts gemein hatten mit den dezidiert ausdruckslosen Reaktionen heimischer Autofahrer auf meine Gegenwart. Was zur Höllski?

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