Читать книгу Mit dem Klapprad in die Kälte. Abenteuer auf dem Iron Curtain Trail онлайн

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Meine Frau hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, mein bevorstehendes Abenteuer Freunden und Bekannten gegenüber fröhlich als »Fahrt ohne Wiederkehr« anzukündigen. Das sanft nagende Tröpfeln dieser Prognose schwoll nun jäh zu einem Strom ätzenden Konzentrats, das ein zerklüftetes, dampfendes Loch in meine Moral fraß. Zehntausend Kilometer bedeuteten nicht nur eine Fahrt ohne Wiederkehr, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit direkt ins Grab. Aber es war nichts mehr zu machen: Meine Verpflichtung war seit kurzem nicht mehr nur emotionaler Natur, sondern auch vertraglich festgehalten. Nicht nur das, ich hatte auch schon ein Rad gekauft. Und was für eins.

Die MIFA-900-Serie wurde 1967 bei der Leipziger Frühjahrsmesse vorgestellt, begleitet von dem, was in der Deutschen Demokratischen Republik als großer Werberummel durchging – ich stelle mir dabei eine Schar bebrillter Herren in grauen Anzügen vor, die ausdruckslos applaudieren, während ein mehr schlecht als recht als Hostess getarnter Stasi-Offizier sorgfältig Intensität und Kadenz des Beifalls jedes einzelnen Individuums notiert. Oberflächlich gesehen stand das 20-Zoll-Rad mit faltbarem Rahmen und tiefem Einstieg der neuen Generation kompakter Stadtfahrräder, die damals im Westen lanciert wurde, in nichts nach – erst zwei Jahre zuvor war mit dem Dawes Kingpin das Genre der Klappräder geboren worden und das MIFA 900 ging sogar 18 Monate früher in Produktion als das berühmte Raleigh Twenty.

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