Читать книгу Nicht Anfang und nicht Ende. Roman einer Rückkehr онлайн

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Der Winter war die Zeit der Frömmigkeit und Andacht. Allerheiligen, Weihnachten, Neujahr, Quarantore, San Faustino – Don Giuseppe striegelte unsere Seelen nach Kräften. Der Winter gehörte ihm, und er zwang uns, zu Gottes Ehre in der Kirche mit den Zähnen zu klappern. Manchmal war das Weihwasser im Becken gefroren. Sogar die Kleinsten riss man früh um sechs aus dem warmen Bett, um sie in die Messe zu schleppen, und es kam vor, dass man so ein armes Kerlchen nach dem Gottesdienst wachrütteln musste, weil es in der Bank eingeschlafen war. Don Giuseppe wusste jeweils genau, wer geschwänzt hatte, und wusch dann den allzu zärtlichen Müttern im Beichtstuhl kräftig den Kopf. Auch wenn man es nicht eigens darauf anlegte, gab es immer besondere An­dachts­übungen, von Oktober bis Mai wimmelte der Kalender nur so davon: der Monat des Rosenkranzes, die Oktave von Allerheiligen, die Novene der unbefleckten Empfängnis und die Weihnachtsnovene; dann die Bußgebete für den Karneval, den sie an­derswo feierten, die Fastenzeit und die Viae Crucis, die Karwoche, der Monat des heiligen Joseph und schließlich der Marienmonat – all das, ohne die Novenen und Tridua für die Gunst der Jahreszeit oder für ir­gend­eine von einer frommen Person erbetene besonde­re Gnade mitzuzählen. Dazu kamen noch die Totenwachen und die verschiedenen Seelenmessen. Zuweilen häuften sich die frommen Anlässe, man wurde überhaupt nicht mehr fertig damit. Wenn Don Giuseppe in der Karwoche nach der nicht enden wol­lenden Frühmesse, die auf Lateinisch (wovon un­ser­­einer kein Wort verstand) gelesen, deklamiert, ge­sun­gen wurde, noch den Ro­sen­kranz zu beten be­gann, hasste ich ihn geradezu. Und ich denke an die ledigen Frauen, die nie den Trost einer männlichen Liebkosung empfangen hatten und denen es be­stimmt war, so ihr Leben zu be­schließen, Jungfrauen wie dürre Blätter, die Hän­de zum Gebet gefaltet; wenn die Arbeit in Feld und Stall getan, wenn sie zu ihren verheirateten Schwes­tern gelaufen waren, die ihre Hilfe brauchten, muss­ten sie sich auch noch in der Kirche sputen, fegen und putzen, Leuchter auf Glanz bringen, Chorhemden und Standarten flicken und dabei den gewohnten Rosenkranz für die Rettung unserer Seelen beten.

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