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Gertrud Mosimann, *1916

Ich sitze auf der Schaukel und bekomme dünnen, weissen Brei gelöffelt, darin schwimmen dunkle Flecken. Ich versuche sie mit meinen Fingern herauszuklauben, sie schmecken am besten, es sind Weinbeeren. Es ist schwierig, sie sind schlüpfrig wie Fischchen.

Das ist eine meiner frühesten Erinnerungen. Ich war damals im «Pilgerbrunnen» und etwa drei Jahre alt. Dass sich viele meiner Erinnerungs-«Bilder» mehr am Geruchs-, Geschmacks- und Tastsinn orientieren als am Sehen, liegt nicht nur an der Art kleiner Kinder: Ich sah schon damals fast nichts.

1940er-Jahre, Zürich

Jeannot Bürgi, *1939

Kindheit ist nicht etwas, woran ich mich als Zeit erinnere. Für mich ist Kindheit Ereignis, eine Folge von Geschichten, einige schön, andere weniger. Hier leicht und luftig, dort schwer und dumpf. Für alles suche ich Wörter, die zur Sache passen, meinem Erlebnis möglichst nahe kommen. Zu meiner Kindheit passt das Wort «Muhheim», es sagt alles aus. In ihm finden sich Gerüche, Töne und Formen. Mein Staunen auch, und wenn man genau hinsieht, findet sich darin sogar meine Angst. Eigentlich finde ich es schade, dass ich diese Kindheit nicht mit meinen ungelenken kindlichen Worten umschreiben kann. Doch die kindlichen Worte habe ich schon lange vergessen, und erzählen kann ich nur das, was mir an Erinnerung geblieben ist.