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Emil Gerber

«Sein Anliegen war das Väterliche der Fahndung.»

Eines Abends im November 1935 waren wir zur gewohnten Lesung bei R.J. Humm versammelt, um das neue, schon im Kaffee «Ost» weit im Voraus angekündigte Talent, Friedrich Glauser, zu hören. Er kam auf Urlaub aus dem Irrenhaus, in dem er sich einer Entwöhnungskur unterziehen musste, und wurde von C.F. Vaucher väterlich betreut. Das alles wird ja in Humms Bei uns im Rabenhaus ausführlich beschrieben.

Auf mich machte er den Eindruck eines scheuen, eher vorsichtigen Menschen, von weicher, fast weiblicher Gemütsart. Von Wachtmeister Studer waren wir alle ergriffen, ich glaube wegen der Eindrücklichkeit der Schilderungen (die Beschreibung eines Teppichs, den Studer betrachtete, vergesse ich nie), aber auch wegen seiner Menschlichkeit. Das war nicht die weiterentwickelte Enthüllungstechnik des Mordskerls «Sherlock». Ich glaube, das war eine neue Art von Kriminalroman. Das Verbrechen gab es, gewiss, aber man musste es bedauern, musste den Täter bedauern, seinen «Fall» verstehen. Hier war es noch nicht unverhüllt zum Zwecke der Unterhaltung da, nicht als Narkotikum gegen Langeweile, wie es uns, mit dem Ruf nach mehr Morden, von allen Kiosken immer abstoßender entgegentritt. Es war auch nicht intellektuell, wie bei Dürrenmatt, wo versucht wird zu zeigen, wie nahe das Wissen beim Verbrechen liegt, wenn das Gewissen fehlt. Bei Glauser lag alles im Gemüt. Sein Anliegen war die Menschlichkeit der Polizei, sozusagen das Väterliche der Fahndung und des Strafvollzugs. Damit vertrat er ein tief schweizerisches Anliegen, das uns nicht gleichgültig lassen konnte. Der Redaktor der Zürcher Illustrierten war bei der Lesung anwesend. Er hat im Anschluss daran für Glausers Debut gesorgt.

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