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Schüler, Student, Bohemien, Versuchskarnickel für Psychiater, Fremdenlegionär, Geschirrwäscher, Bergarbeiter, Krankenwärter, Handlanger, Gärtner – Glauser kennt das Leben von allerhand Seiten. Als ich ihn in der Waldau besuchte – ein Wärter musste Zeuge unseres Gespräches sein –, bewunderte ich, wie er in dieser Umgebung, in der ein Gesunder krank werden könnte, seine Heiterkeit bewahrte und an seinen Büchern schrieb. Diese ungewöhnliche Widerstandskraft hat ihn vor dem Zerbrechen bewahrt und ihm zu einer innern Befreiung verholfen, die für die schweizerische Literatur und damit für unsere Zeitkunde eine wesentliche Bereicherung bedeutet.

Glauser schöpft, wie man so sagt, aus dem Vollen. Er ist kein bloßer Geschichtenerzähler, darum gibt es in seinen Romanen kein Happy End und überhaupt kein Ende. Man betrachte beispielsweise diesen Studer, diesen kurz vor der Pensionierung stehenden Fahnderwachtmeister. Er löst jedes kriminalistische Rätsel und macht doch keine Karriere. Er ist bei seinen Kollegen beliebt, die Vorgesetzten betrauen ihn gern mit schwierigen Fällen. Dabei hat er das Pech, dass er auf die letzten, auf die gesellschaftlichen Zusammenhänge stößt, die schonungsvoll zugedeckt werden müssen und die er schonungslos aufdecken will. «Ein Gerechtigkeitsfanatiker! Dass es so etwas noch gibt!» denkt von ihm der Herr Untersuchungsrichter. Seit jener Bankaffäre, die der Studer einst bloßlegte und die dann vertuscht wurde, lässt man ihn die Verbrechen aufspüren, aber man verfolgt sie eben nicht bis zu dem bestimmten heiklen Punkt, wo der öffentliche Skandal anfangen würde. Und darum kommt der Studer auf keinen grünen Zweig. Ein Gerechtigkeitsfanatiker vermag nichts gegen die Gesellschaft, die ihn besoldet. Et puis voilà – um mit Glauser zu reden. Darum sind, wie gesagt, seine Kriminalromane sozialkritische Romane, ob nun das Dorf wie im Wachtmeister Studer oder das Irrenhaus wie in Matto regiert den Spiegel der Gesellschaft abgibt. Sie zeichnen sich aus durch die tiefe Kenntnis der Welt, die der Verfasser in den verschiedensten Sphären persönlich erlitten hat und persönlich gestaltete als ein streng disziplinierter Arbeiter und als ein Weiser, dem die Wahrheit das Lebenselement ist. War die Angst vor den Gesellschaftstanten der Grund, warum diese künstlerisch und dichterisch hervorragenden Werke so lange auf Verleger warten mussten?

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