Читать книгу Wenn Sie kein Feigling sind, Herr Pfarrer. Werner Kriesi hilft sterben онлайн

43 страница из 65

Von vielen Leidenden hört man: Meine Schmerzen foltern mich Tag und Nacht. Davon bin ich wohl beeinflusst. Was meiner Mutter, was den beiden jungen Frauen passierte, war von niemandem so geplant. Die Behandlungen sollten das Leben verlängern und führten doch gleichzeitig zu einem Zustand, der für die Patientinnen quälend war. Auch wenn meine Mutter es nicht äußern konnte, so hatte sie doch ebenso wie die beiden jungen Frauen den sehnlichsten Wunsch, aus diesem Leib und Seele zermürbenden Zustand durch den Tod erlöst zu werden.

Nun waren die Situationen ja sehr unterschiedlich. Ihre Mutter war über siebzig und gelähmt. Andelka war terminal an Krebs erkrankt, und ihr rascher Tod war absehbar. Judith schließlich, jung wie Andelka, hatte dank Medizin gleichwohl noch eine Spanne an Lebenszeit vor sich.

Doch bei allen drei Frauen wurde das Sterben durch die Medizin verlängert, ob es nun Wochen, Monate oder Jahre waren. Am längsten bei Judith. Bei ihr folgte ein Spitalaufenthalt auf den anderen. Sechs Jahre lebte sie von Operation zu Operation. Die Tage waren eingeteilt durch die stündlichen Morphiumspritzen, ohne die sie die Schmerzen nicht auszuhalten vermoch­te. Die fünf Operationen nach dem Darmdurchbruch änderten an ihrem aussichtslosen Leiden nichts. Diese medizinischen Be­­hand­lungen mussten selbstverständlich gemacht werden, sie hatten aber eine paradoxe Wirkung. Sie verlängern Judiths Le­­­ben – und zugleich ihr Sterben.

Правообладателям