Читать книгу Wenn Sie kein Feigling sind, Herr Pfarrer. Werner Kriesi hilft sterben онлайн

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Nachdem Judith ein fünftes Mal abgesagt hat, haben Sie nichts mehr von ihr gehört?

In einer solchen Situation nehme ich, nimmt Exit, nicht wieder Kontakt auf. Wir bleiben passiv, machen alles abhängig von einer erneuten Initiative der Person. Alles andere könnte als Druck empfunden werden. Übrigens ist dies auch einer der Gründe, warum Exit nur Menschen mit Wohnsitz in der Schweiz begleitet. Wer eine lange Reise in die Schweiz unternommen hat, wird es schwerer haben, einen einmal ins Auge gefassten Sterbetermin aufzuschieben. Und so könnte der Druck wachsen, den Termin einzuhalten.

Lebensverlängerung als Sterbeverlängerung

Auch meine Großmutter, die Mutter meiner Mutter, erlitt einen Hirnschlag. Das war im Jahre 1931. Als es passierte, betteten ihre Angehörigen sie aufs Sofa und eines ihrer Kinder fuhr mit dem Velo ins Nachbardorf. Doch der Arzt war auf Krankenbesuchen unterwegs. Er würde, so hieß es, am Abend, jedenfalls so bald wie möglich, vorbeikommen. Als er meine Großmutter untersuchte, empfahl er, ein befeuch­tetes, kühles Tuch auf ihre Stirn zu legen und zu warten. Mehr könne man im Moment nicht tun. Dann ging er wieder zurück in sein Dorf. In der darauffolgenden Nacht starb meine Großmutter, ohne nochmals aus ihrer Bewusstlosigkeit erwacht zu sein. So kam es, dass sie in ihrem Bett zu Hause sterben konnte. Ohne Ambulanz. Ohne Blaulicht. Ohne Magensonde. Ohne wochen-, monate-, jahrelanges Leiden, gelähmt und sprachlos in einem Pflegeheim. Ich bin mir sicher, meine Mutter hätte sich nach ihrem letzten Hirnschlag einen sanften, raschen Tod wie den ihrer Mutter gewünscht.

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