Читать книгу Inspiration Schweiz. 70 Autoren, Künstler, Musiker, Schauspielerinnen an 70 Schauplätzen онлайн

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Welch «ungeheuerlicher Missgriff meiner Sinne»: Mit einem «Scheusal» Liebe machen und sich dabei auch noch glücklich schätzen! Madame ist erbost, dass man sie mit einer mageren, übel riechenden Hexe verwechselt hat. Zwar kann er sich mit einer elegant eingefädelten Intrige für die Schmach rächen, aber die Schweizerinnen machen es dem grössten Liebhaber aller Zeiten wirklich nicht leicht. In London wird er 1763 in einem 18-jährigen Luder aus Bern seine Meisterin finden; Andrew Miller hat die vielleicht schmerzlichste Niederlage Casanovas in seinem Roman «Eine kleine Geschichte, die von der Liebe handelt» verewigt.

Dennoch, 1760 zeigt sich Casanova noch in Hochform. Die Schweiz im Unterrock: «Gott, welche Reize!» Mit 35 Jahren stand er in der Blüte seiner Manneskraft, und auch wenn Murten oder Solothurn nicht gerade Paris oder London sind, so bieten sie doch eine brauchbare Bühne für ­Casanovas Liebhabertheater – und Stoff genug für seine umfangreichen Memoiren. Hatte er nicht dem Fürstabt von Einsiedeln die Komödie des reuigen Sünders so überzeugend vorgespielt, dass ganz Zürich nur noch von der «neuen Ehrbarkeit» des Wüstlings sprach? Hatte er nicht in Genf Voltaire im Rededuell über Gott, den Aberglauben und Ariost an den Rand einer Niederlage gebracht? Und selbst wenn es nicht ganz so war: Gut erfunden und gut erzählt ist es schon, wie da zwei eitle Gockel lauernd umeinander herumstreichen. Für die landschaftlichen Reize der Schweiz hatte der Chevalier de Seignalt weder Augen noch Zeit. Was sind schon verschneite Alpengipfel gegen Venushügel?

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