Читать книгу Inspiration Schweiz. 70 Autoren, Künstler, Musiker, Schauspielerinnen an 70 Schauplätzen онлайн
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Es gibt sie eben immer noch: diese Fantasykritik aus dem Geist des ironisch getarnten Bierernstes, der uns die Freude an einer märchenhaften Weltschöpfung verderben will. Hier ist sie wieder, sozusagen als Verwechslung von Mittelerde und Erde und Elb und Nazi. Wobei Schwarz nicht immer ganz unrecht hat (der grundsätzlich multikulturelle Anstand des Professors Tolkien hat ein paar Anteile von reinrassiger, erzblonder Gnadenlosigkeit). Ausserdem teilt er uns die reizende Geschichte mit, wie seine Mutter einmal den «Kleinen Hobbit» las und auf die nette Allegorie kam: «Die Hobbits sind eigentlich die Schweizer.» Und da sind wir doch bei unserem Thema.
Die real existierende Beziehung Tolkiens zur Schweiz ist auf eine konservativ-romantische Art landschaftsgärtnerisch geprägt. Nicht viel mehr als die literarisch inspirierende Erinnerung eines englischen Touristen an eine Naturkulisse von interesseloser Erhabenheit. Erwägungen über das Hobbithafte der Schweizer Eingeborenen wurden nicht angestellt. Sicher ist, dass J. R. R. Tolkien im Jahr 1911, also als 19-Jähriger, der noch keine mittelirdische Geografie entwickelt hatte, zusammen mit elf Kameraden die Schweiz bewanderte. Der Weg führte unter anderem ins Lauterbrunnental, und Tolkien muss da die Erfahrung von ästhetischer und klimatischer Vollendung gemacht haben. Jedenfalls ist der Indizienbeweis, dass er gerade jenes Tal später elbisch mystifizierte, so ziemlich lückenlos.