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Ich ass mit verhaltener Wut, hatte dabei auf einmal Angst, dass ich mein Weinglas umwerfen könnte. Ich dachte an Paolo, für den dieses Milieu kein Problem gewe­sen wäre; der hätte gleich losgelegt und die Tafelrunde ­beherrscht, hätte dem Hausherrn womöglich einen Vortrag über Geld und Finanzwesen gehalten. Für mich war es die kälteste Mahlzeit meines Lebens. Einmal sah ich, wie die Schwestern und der Bruder miteinander flüsterten und dann ein Lachen unterdrückten, was ich – vielleicht zu Unrecht – auf mich bezog. Der Vater, humorlos, nahm mich nicht zur Kenntnis, kein Blick, geschweige denn eine Frage. Die Mutter schien menschlicher, hatte hellblaue Augen und ein zartes Madonnengesicht, aber das war auch alles. Sie wirkte wie eine verheiratete Sklavin. Gertrud reichte mir die Platten, nur war mir der Appetit vergangen und mit ihm mein Schluckvermögen. Vermutlich war ich kreidebleich, wobei sich mein Gesichtsausdruck auf sie übertrug, ich sah ihre beklommene Miene. Und dann passierte es tatsächlich, dass ich mein Glas umwarf. Es schien mir dabei, als täte es meine Hand ganz von sich aus und wie spielerisch. Das Glas war allerdings schon fast leer, doch es genügte, um das weisse Tischtuch zu beflecken. Ich sagte: «Oh, Pardon!», während das Dienstmädchen in die Küche eilte, mit Salz ­zurückkam und es auf den roten Klecks streute. Gertrud flüsterte, das sei nicht so schlimm. Mir schwindelte, und ich war nahe daran, auch das Mineralwasser auszuleeren, absichtlich. Doch es drängte mich, hier so schnell wie möglich zu verschwinden. Als der Kaffee serviert wurde, stand ich auf und erklärte, ich müsse jetzt leider gehen; ich dankte für die Mahlzeit und entfernte mich, ohne Händedruck. Gertrud folgte mir die Treppe hinunter. «Gehst du schon?» Unten standen wir ein paar Sekunden wortlos in der Tür. Vermutlich wussten wir beide, dass es aus war.

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