Читать книгу Hannes. Roman онлайн
69 страница из 75
Natürlich hatte ich die Szene nicht miterlebt, es wurde mir nur davon erzählt. In Gedanken war ich dort, sah einen nebligen Dezembermorgen, die leicht geschwungene Brücke, das Geländer, die Silhouetten dreier Frauen. Dann diese Sekundenszene, die fallende Gestalt – ein flüchtiger Flash vor dem grauen Winterhimmel.
Verliebt war ich eigentlich immer, Eros, der Übermächtige, begleitete mich wie ein anhänglicher Dämon. In einem bestimmten Alter hatte ich meine Scheu etwas überwunden, nur wusste ich, dass ich nicht unwiderstehlich war. Auch für Gertrud nicht, die ich, (ich war damals achtundzwanzig), an der Uni kennenlernte. Tochter aus gutem Hause, ihr Vater, ein Deutscher, Finanzbeamter in höherer Stellung. Sie studierte Theologie, daneben deutsche und französische Literatur. Wir besuchten zusammen eine Vorlesung über Heinrich von Kleist. Ich machte meine Notizen, neben mir die sympathische Person, ihre feingliedrigen Hände und ihre flüssige Schrift. Sie schrieb ununterbrochen. Einmal, da ihr irgendein Detail (Kleists gelegentliches Stottern) entgangen war, fragte sie mich, ob ich das notiert hätte? Ich schob ihr mein Heft hinüber, sie schrieb ab, ich wartete geduldig, während sich der Hörsaal langsam leerte.