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Während der Sommerferien wünschte ich den Schulbeginn herbei, um sie wiederzusehen, entschlossen, endlich einmal meine Befangenheit zu überwinden. Doch Ende August, als man wieder auf dem Schulplatz spazierte, suchte ich sie vergebens. Ich kannte einen ihrer Klassenkameraden, erkundigte mich wie nebenbei nach Jovita H. – Jovita? Die sei doch gemütskrank, sagte er, als wäre das allgemein bekannt. Sie habe wieder einmal einen Schub und müsse eine Zeit lang aussetzen; das sei bei Depressiven eben so, da könne man nichts machen.

Ich sah sie nie wieder. Sie befand sich in einer Berner Klinik, machte in zuverlässiger Begleitung ihren täglichen Spaziergang. Wiederholt wünschte sie, die hohe Kirchenfeldbrücke zu sehen, weil diese, wie sie sagte, von einem ihrer Vorfahren gebaut worden sei. Man ging nicht darauf ein, Brücken standen nicht auf dem Programm, schon gar nicht die Kirchenfeldbrücke. Doch da sie immer wieder damit kam und sich ihr Zustand deutlich gebessert hatte, erfüllte man ihr den Wunsch. Zwei Pflegerinnen begleiteten sie hin. Irgendwo in der Mitte blieben sie stehen. Jovita schaute in die Tiefe, schien dabei von ei­nem Glücksgefühl ergriffen. «Wie wunderbar», sagte sie, «so hoch oben, als schaute man vom Himmel auf die Erde hinab.» Plötzlich versuchte sie zu fliehen, die Schwestern hielten sie fest, doch sie drehte sich leicht herum, schlüpfte spielend aus ihrem Mantel und warf sich übers Geländer.

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